Zusammenfassung – Dialoggruppe Südafrika

Dialoggruppe mit verschiedenen Dialogpartner:innen aus Südafrika

Der Dialog mit Projektpartner:innen in Südafrika fand zu verschiedenen Themen statt. Aus den erfolgten Videobotschaften wurden sogenannte Bildungsreisen zusammengeschnitten, welche einen Blick hinter die Kulissen Südafrikas als beliebtes Touristenziel zulassen. 

Zitate von Nelson Mandela (C) Helena Hornung

Dialog mit Andy Mkosi - Südafrika auch ein schönes Land hinter den Kulissen?

Der Dialog mit Andy startet im Rahmen des Schwerpunktseminares “Prekär who cares?”, in welchem ihre Situation als freischaffende Künstlerin/Fotografin/cultural entrepreneur/activist vorgestellt wird. Andy betont, dass es in Südafrika nicht immer einfach ist als Kunstschaffende und man eben mehrere Eisen im Feuer haben muss, um mit der Prekarität des Berufes umzugehen. Die Seminarteilnehmer:innen fragen sich, wie so viele Südafrikaner:innen wie Andy motiviert und am Ball bleiben, immerhin ist die Zukunft nie gesichert, was ist es also, was Andy Kraft gibt? Außerdem, ist es überhaupt ok, davon auszugehen, dass ein prekäres Leben ein unglückliches ist? Generell wollen die Teilnehmer:innen wissen, was Südafrikaner:innen über unsere Lebensverhältnisse wissen bzw. wie sie davon denken. Andy antwortet auf die vielen Fragen mit einem Video, in dem sie auch andere Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen interviewt. Im Dialog mit Andy Mkosi geht es um informelle Beschäftigung, Stereotypen und darum, warum Südafrika trotz all der Widrigkeiten ein schönes Leben ermöglicht. Einerseits lebt man von der Hand in den Mund, andererseits gibt es auch keine Grenzen für Kreativität, man genießt die Freiheiten, die es in einer formellen Beschäftigung nicht gibt. Wenn sie an uns Europäer:innen denken, stellen sie sich ein leichtes Leben vor, dass man sich alles leisten kann, was man will im Gegensatz zu den meisten Südarikaner:innen. Es wird auch der eurozentrische Blick bzw. das medial weit verbreitete Afrikabild unter Europäer:innen kritisiert: das hungernde Kind mit einer Fliege im Auge.  Solche Bilder seien es, die die schönen Seiten des Lebens in Südafrika verdrängen. 

Dialog mit Thangami Sojila - prekäre Arbeit und ein prekäres Leben?

Im Dialog mit Thangami Sojila ging es um seinen Arbeitsalltag als selbstständiger Tourguide und wie er trotz widriger Umstände einen Lebensunterhalt verdient. Er zeigt den Dialogpartner:innen in Österreich, wie ein Tag “on tour” für ihn aussieht. Er spricht darüber, wie er überhaupt zu seinem aktuellen Job gekommen ist, nämlich war er in Zimbabwe, seinem Geburtsland, bereits Tourguide, ist dann aber nach Südafrika und hat erst in diversen Jobs gearbeitet, ehe er sich dazu entschlossen hat, seinen eigentlichen Beruf auszuüben. Sojila berichtet auch, wie schwierig es generell ist, eine Arbeit in Südafrika zu finden, vor allem als Migrant und dass die Gehälter gering und die Arbeitsbedingungen oft schlecht sind. Als self-employed sei man für seine eigenen Arbeitsbedingungen verantwortlich, habe aber dafür auch ganz andere Unsicherheiten. In der Tourismusbranche sei man stark auf europäische und amerikanische Touristen angewiesen, da die Einheimischen wenig verreisen und wenn, dann eher in Form von “self-drives”. Gerade während der Corona-Pandemie war die Auftragslage stark beschränkt und selbst nach Ende der Pandemie dauerte es eine Weile, bis die großen Tourunternehmen am Markt wieder gesättigt waren und ein paar “Krumen” für kleine Alleinunternehmer:innen wie ihn selbst übrigließen. Für eine Tour bekommt Sojila umgerechnet zwischen 60-100€, was kaum zum Leben reicht. Gerade die Fixkosten ließen sich damit abdecken, aber keine Arztkosten oder ähnliche Ausgaben. Wird man krank muss man also auf Hausmittel zurückgreifen. Für ihn ist ein Ausgleich zu dem mentalen Dauerstress, dem er sich ausgesetzt fühlt, der Sport. Die körperliche Betätigung hilft ihm, sich auf sich selbst zu besinnen und die Alltagssorgen für kurze Zeit auszublenden.   

Dialog mit Women on Farms - am unteren Ende der Lieferkette Wein

Women on Farms organisiert Frauen im südafrikanischen Weinbausektor. Ihre politische Arbeit umfasst v.a. Informationskampagnen, um Landarbeiter:innen auf ihre Rechte aufmerksam zu machen und in ihrem Kampf gegen Arbeitsschutzverstöße auf Weinfarmen etc. zu unterstützen. Zum Projektzeitpunkt waren sie mit ihren Kapazitäten ausgelastet, da sie aktuell an einer Kampagne gegen gesundheitsschädliche Pestizide im Weinbau arbeiteten. Daher wurde die Gelegenheit genutzt, mit ihnen direkt im Rahmen des Schwerpunktseminars „Weinbau und -handel in Südafrika“ ins Gespräch zu kommen. Nach einem Input, in dem sie sich und ihre Arbeit vorstellten sowie auf die prekäre Situation der Frauen im Weinbau aufmerksam machten, kamen die Seminarteilnehmer:innen mit Colette Solomon (Leiterin von WoF) und Joanna Johannes (Farmarbeiterin) ins Gespräch. Die Teilnehmer:innen interessierte v.a., warum die Frauen überhaupt so sehr ausgenutzt werden können, ob sie Schutzkleidung gegen die Pestizide bekommen und was sie davon halten, dass südafrikanischer Wein so günstig im globalen Norden verkauft wird. Solomon verwies darauf, dass es v.a. in der post-Apartheid-Gesellschaft zwar viele Rechte und theoretisch auch gewisse Arbeitsstandards gebe, die Weingutbesitzer:innen aber noch ausnutzen würden, dass viele Menschen keine besseren Möglichkeiten hätten und auch nicht um ihre Rechte wüssten. Die niedrigen Löhne konnten damals damit gerechtfertigt werden, dass die Arbeiter:innen direkt auf den Farmen lebten – dies sei heutzutage teilweise auch noch so. Dadurch seien sie aber in einem starken Abhängigkeitsgefüge. Teilweise werden Witwen von den Winefarms vertrieben, sobald ihr Mann, der auf der Farm gearbeitet hat, verstirbt. Auch Joanne bestätigt, dass sich nicht viel verändert habe, aber durch Kampagnen von WoF zumindest mehr Bewusstsein darüber herrscht, was es nicht hinzunehemn gilt und Frauen sich zunehmend empowered fühlen.

Eine Videoproduktion von http://fos.ngo/womenonfarms:

Dialog mit Niren Tolsi - Lieferkette Platin im Visier

Niren Tolsi war bereits im ersten Schwerpunktseminar zum Thema „Lieferketten am Beispiel von Platin“ als Dialogpartner eingeladen. Damals erzählte er, wie er die Witwen von Marikana begleitete, nachdem deren Partner bei einem Streik für lebenswürdige Löhne von der Polizei niedergeschossen wurden. Er verwies darauf, dass es in Südafrika immer noch eine Politik des Stärkeren gebe und darum manche Menschenleben weniger wert seien als andere. Dadurch sei es auch so schwer möglich, dass Südafrika als Gesellschaft die Apartheid tatsächlich überwinde. Der Fakt, dass der Minenbetreiber Lonmin, die Polizei um Hilfe bei einem Streik ruft, diese dann so agiere, als sei sie vom Minenbetreiber angeheuerte privat Security, sei bereits sehr bezeichnend. Für ihn sind es v.a. große Firmen wie BASF, die als Hauptkunde und Großabnehmer von Platin in der besagten Mine eine gewisse Verhandlungsmacht haben, diese aber nicht für die richtigen Zwecke nutzen, nämlich Menschen, die an ihrem Gewinn maßgeblich beteiligt sind, menschenwürdige Löhne zu ermöglichen. Im zweiten Projektjahr fand das Seminar in ähnlicher Form statt. Diesmal war Tolsi nicht live dabei, sondern wurde im Anschluss an das Seminar mir den Diskussionsfragen der Teilnehmer:innen interviewt. Im Interview erzählt der Journalist und Menschenrechtsaktivist wie die „Witwen von Marikana“ seit über 10 Jahren in einer Art „slow journalism“ Projekt begleitet. Er betont, das es ihm dabei besonders wichtig sei, sie anders zu zeigen als die Massenmedien, die sie auf den Status des passiven Opfers festschrieben. Er zeigt sie und ihre Kinder als aktive und komplexe Akteur:innen mit Hoffnungen und Forderungen, die trotz ihrer Traumata für ihre Aspirationen einstehen. Damit sind sie ebenso Sprachrohr für die persistenten Ausbeutungsstrukturen des Extraktivismus, welchen er anhand des Chemiekonzerns BASF beispielhaft diskutiert. Dabei betont er im Dialog auch, wie das europäische Involviert-Sein direkt an den Ungleichheitsmechanismen im Land mitwirkt.  >>> VIDEO FOLGT IN KÜRZE

(c) Helena Hornung

Mehr Infos zu den einzelnen Themen gibt es hier.

Bei Interesse an den Dialoggruppen und weitere Infos Mail an dialogprojekt@sadocc.at