Miriam Baghdady: Ein Lieferkettengesetz mit rechtlichen Konsequenzen
Laut Globalem Rechtsindex des Internationalen Gewerkschaftsbunds (IGB) wurde 2020 in 87% der Länder weltweit das Streikrecht verletzt. Behinderungen von Gewerkschaftsgründungen und Verweigerungen von Redefreiheit nahmen weltweit zu. In 45 Ländern waren Beschäftigte Gewalt ausgesetzt, in 68 Ländern wurden Beschäftigte willkürlich entlassen und inhaftiert.
Eine Verbesserung der Situation wäre mithilfe eines EU-Lieferkettengesetzes möglich, so Miriam Baghdady, Expertin im Volkswirtschaftlichen Referat des Österreichischen Gewerkschaftsbunds. „Die Produktionsstätten innerhalb weltweiter Lieferketten befinden sich meistens im Globalen Süden. Immer wieder werden dort die gleichen Arbeitnehmer:innenrechte verletzt: das Recht auf einen angemessenen Lohn, sichere Arbeitsbedingungen sowie das Recht, eine Gewerkschaft zu gründen, Kollektivvertragsverhandlungen zu führen oder zu streiken“, so Baghdady, „Aber auch in Europa werden zum Beispiel Ernte- und Bauarbeiter:innen regelmäßig ausgebeutet.“
Die Expertin fordert gemeinsam mit einem breiten Bündnis an gewerkschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Akteur:innen eine gesetzliche Verpflichtung für Unternehmen, internationale Menschen- und Arbeitsrechte, sowie Klima- und Umweltstandards entlang ihrer gesamten Lieferketten einzuhalten. Bei Verstößen müsse es zivil- und strafrechtliche Sanktionen geben. Außerdem wäre es notwendig, das Gesetz für alle Unternehmen mit Sitz in Österreich und Unternehmen, die Produkte im Inland in Verkehr bringen, geltend zu machen. Genau das sieht der aktuelle Entwurf eines EU-Lieferkettengesetzes nicht vor. Auch das Einbeziehen von Gewerkschaften und Betriebsräten ist in dem Entwurf für die Expertin nicht ausreichend sichergestellt.