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Lesezirkel am 30. September 2025, 18:30
51. Treffen des SADOCC-Lesezirkels für afrikanische Literatur
am Dienstag, 30. September 2025, 18:30 Uhr
Diskussion von Bernardine Evaristo (GB):
Blonde Roots, 2009 / Blondes Herz, 2025


Bernardine Evaristo
Bernardine Evaristo wurde 1959 im armen Süden Londons als viertes Kind (von insgesamt acht Kindern) einer britischen Mutter und eines Vaters mit nigerianischen und afrobrasilianischen Vorfahren geboren, der in Lagos aufgewachsen war. 2019, im Alter von 60 Jahren erhielt sie – gleichzeitig mit Margaret Atwood – für ihren Roman Girl, Woman, Other* den Booker Prize. So wurde sie plötzlich berühmt, nachdem sie bereits vier Jahrzehnte lang künstlerisch tätig gewesen war und dies bereits ihr achtes veröffentlichtes Buch war. Er ist 2021 auf Deutsch unter dem Titel Mädchen, Frau etc. erschienen; Tanja Handels ist Evaristos Übersetzerin ins Deutsche. Ein ‚Memoir‘ veröffentlichte Evaristo 2021: Manifesto. On Never Giving Up (deutsch: Manifesto. Warum ich niemals aufgebe, 2022). Diese offenherzige autobiografische Darstellung ihres Lebens ist Grundlage der meisten biografischen Angaben über die Schauspielerin, Theatermacherin, Lyrikerin, Romanautorin, Aktivistin für Feminismus, für queeres Leben und für Literatur, besonders für jene Schwarzer Autorinnen und Autoren – eine sehr empfehlenswerte Lektüre; Zitate daraus über ihren Roman Blonde Roots folgen unten.
Nach ihrem Schulabschluss besuchte sie bis 1982 eine Schauspiel-Schule. Sie war 1980 Mitbegründerin der ersten Schwarzen Frauen-Theaterkompanie in Großbritannien. In den 1990er Jahren organisierte sie Konferenzen für Schwarze Autorinnen und Autoren und eine Interessensvertretung für Schriftstellerinnen und Schriftsteller. Mit Mitte Vierzig nahm sie ein Abend-Studium der Englischen Literaturwissenschaft auf; 2013 dissertierte sie in ‚Creative Writing’.
Nach mehreren Texten fürs Theater war Evaristos erstes veröffentlichtes Buch 1994 eine Gedichtsammlung, Island of Abraham. Es folgten 1997 der autobiografische Versroman Lara (erweiterte Fassung 2009); 2002 der Versroman The Emperor’s Babe (deutsch: Zuleika, 2024); 2005 der Roman Soul Tourists; 2008 der Roman Blonde Roots; 2010 die Novelle Hello Mum; 2013 der Roman Mr. Loverman (deutsch 2023); danach die bereits erwähnten Titel.
Heute ist Bernardine Evaristo Professorin für ‚Creative Writing‘ an der Brunel University in London sowie Vorsitzende der Royal Society of Literature und ist seit ihrem Durchbruch 2019 mit Interview-Anfragen, Ehrungen, Preisen und Titeln überhäuft worden.
Seit 2006 ist sie mit dem Schauspieler David Shannon verheiratet, der 2021 seinen ersten Roman, HOWUL, veröffentlichte.
* Der SADOCC-Lesezirkel für afrikanische Literatur diskutierte diesen Roman im Juli 2021.
Blonde Roots / Blondes Herz
Bernardine Evaristo schreibt in Manifesto (übersetzt von Tanja Handels) über diesen Roman:
„Meine Idee war, über den transatlantischen Sklavenhandel zu schreiben, dabei aber völlig anders mit der Geschichte umzugehen, sie zu verfremden und so neue Perspektiven darauf zu eröffnen.“
„Blonde Roots beruht auf der […] Idee eines Paralleluniversums, in dem Menschen aus Afrika europäische Menschen versklaven, ein Kunstgriff, der mir ermöglichte, die historischen Konzepte von Zivilisation und Brutalität umzukehren. […] <Ich> entschloss mich, den transatlantischen Sklavenhandel anhand der Geschichte einer weißen Engländerin namens Doris zu sezieren, die von einem afrikanischen Volk (den Ambossanern) versklavt und nach Londolo gebracht wird, der Hauptstadt des Vereinigten Königreichs Groß-Ambossanien. Dort wird sie von ihren Sklavenhaltern in Omorenomwara umbenannt (denn „Doris“ können sie nicht aussprechen) und anschließend auf die Westjapanischen Inseln in der Karibik verschifft. Der Roman handelt von ihrer Versklavung und den Versuchen, ihr zu entfliehen.
Letztendlich entlarvt meine Strategie der Umkehrung nicht nur die Gräuel des Sklavenhandels, sondern auch die zu seiner Rechtfertigung entwickelte Strategie – den Rassismus […]. Die ganze Idee schrie geradezu nach Satire, angesichts der Thematik ist aber auch immer eine Unterströmung von Tragik dabei.“
Neue Teilnehmende sind uns willkommen. Online-Teilnahme ist auf Wunsch möglich. Anmeldung bitte bei lotte.rieder@sadocc.at