Lesezirkel am 27. Mai 2025, 18:30

49. Treffen des SADOCC-Lesezirkels für afrikanische Literatur am Dienstag, 27. Mai 2025, 18:30 Uhr

Diskussion von Nurruddin Farah (Somalia/…/ZA):
Hiding in Plain Sight, 2014 /Jenes andere Leben, 2016

 

Nuruddin Farah

Der Autor Nuruddin Farah, geboren 1945 in Baidoa im heutigen Somalia, ist einer der bekanntesten ostafrikanischen Schriftsteller der ersten postkolonialen Generation. Er ist vielfach mit Literatur-Preisen ausgezeichnet worden. Sein Name taucht immer wieder bei Spekulationen über den nächsten Literatur-Nobelpreisträger auf.

Er schreibt auf Englisch, seiner dritten Sprache nach Somali und Arabisch. Sein Werk umfasst inzwischen dreizehn Romane, zuletzt 2018 North of Dawn (Im Norden der Dämmerung, 2020), einige Dramen und zahlreiche Essays.

Farah hat in vielen Ländern gelebt, geschrieben und gelehrt: Nach seinem Studium in Indien und England und nach Jahrzehnten im „freiwilligen“ Exil in den USA, Großbritannien, Italien, Deutschland (1990 DAAD), Schweden, dem Sudan, Indien, Uganda, Nigeria, Australien und Südafrika lebt er in letzter Zeit abwechselnd in Minneapolis und Cape Town.

Hiding in Plain Sight /Jenes andere Leben

Der Prolog des Romans spielt in Mogadischu, wo der somalische Familienvater Aar zeitweise für die UNO arbeitet und einem Attentat zum Opfer fällt. Er wohnt mit seinen beiden Kindern in Nairobi im benachbarten Kenya, wo diese Internatsschulen besuchen. Denn ihre Mutter Valerie hat die Familie verlassen und den Kontakt abgebrochen; sie lebt jetzt in einer lesbischen Beziehung. Aars Schwester Bella, eine international tätige Fotografin, reist von Rom nach Nairobi, um sich nach Aaars Tod um die beiden Jugendlichen zu kümmern. Doch deren Mutter taucht plötzlich auf und beansprucht ihre Rolle als Verantwortliche für ihre Kinder.

Der englische Titel verweist nicht nur auf das versteckte Leben des lesbischen Paares in Afrika, sondern auch auf das Verheimlichen der persönlichen Beziehungen der anderen Hauptfiguren.

Nuruddin Farahs zwölfter Roman erhielt äußerst unterschiedliche Kritiken, positive wegen der darin dargestellten Themen (Trauerbewältigung, innerfamiliäre Beziehungen, Homosexualität, Leben der somalischen Diaspora, Terrorismus), negative vor allem wegen Schwächen des Stils und klischeehafter Charakter-Zeichnung. Hier einige Auszüge aus Rezensionen:

Weiterleben in Zeiten des Terrors: Jenes andere Lebender […] Roman des somalischen Schriftstellers Nuruddin Farah. Ein hochaktuelles Meisterwerk der Weltliteratur. […] Seine klare Positionierung für die Freiheit des Einzelnen ist für afrikanische Leser sicher sehr erhellend und gilt als Tabubruch, denn Homosexualität ist in vielen afrikanischen Staaten verboten und wird sogar mit der Todesstrafe geahndet.“ Ulrich Noller, LitMag, Juni 2016

„Ein packender Roman über eine lesbische Mutter aus Afrika. […] Ein kluger, dialogreicher Roman über lesbische Liebe, Solidarität, Familie und Verantwortung auf einem Kontinent, der Schwul- oder Lesbischsein zumeist ächtet, wenn nicht sogar mit harten Strafen bedroht.“ Veit, Buchhandlung Löwenherz, Herbst 2016.

„Der Somalier Nurrudin Farah zielt mit Jenes andere Leben auch auf europäische Leser ab. Er will ihnen zeigen, dass Afrika aus mehr als Armut besteht. Er positioniert sich auch sehr deutlich in punkto Homosexualität in Afrika. Stilistisch bleibt er aber teilweise hölzern. […] Birgit Koß, Deutschlandfunk Kultur, Juni 2016.

„Seit mehr als 40 Jahren schreibt Farah kritisch über die afrikanische Gesellschaft, pessimistisch ist er dennoch nicht. […] Das Attentat steht zwar am Beginn des Romans, doch das Buch widmet sich im Wesentlichen jenen Menschen, die vor allem den Kindern helfen, die Krise zu meistern: Es sind vor allem Frauen, die sich bewähren, sie können Kindern ihr Selbstbewusstsein zurückgeben.“ Ö1 Morgenjournal 7.6.2016.

„Ein unscheinbarer Triumph des geradlinigen, aktuellen Erzählens, der ein Gesamtwerk ergänzt und erweitert, das eines Nobelpreises würdig ist. Das Familiendrama ist ein Prisma, das sein Licht auf die oft gegensätzlichen kulturellen und sozialen Naturelle im heutigen Afrika wirft.“ (Übs. LR-F) Kirkus Reviews, Okt. 2014.

„Der Somalier Nuruddin Farah gilt als einer der einflussreichsten Schriftsteller des afrikanischen Kontinents. Auch sein neues Buch Jenes andere Leben hätte das Potenzial für einen politisch unterfütterten Familienroman von gesellschaftlicher Relevanz haben können – aber der Autor scheitert daran.“ Sandra Hoffmann, Deutschlandfunk, Okt. 2016.

Neue Teilnehmende sind uns willkommen. Das Treffen wird in der SADOCC-Bibliothek oderbei ungewöhnlich warmem Schönwetter – auf einer privaten Terrasse stattfinden. Online-Teilnahme ist auf Wunsch möglich. Anmeldung bitte bei lotte.rieder@sadocc.at