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Lesezirkel am 25. November 2025, 18:30
52. Treffen des SADOCC-Lesezirkels für afrikanische Literatur
am Dienstag, 25. November 2025, 18:30 Uhr, in der SADOCC-Bibliothek:
Diskussion von Mirrianne Mahns Roman (Kamerun/D): Issa, 2024
Mirrianne Mahn
Mirrianne Mahn wurde 1989 in Buea im Südwesten Kameruns geboren; ihre Eltern, ihre kamerunische Mutter und ihren deutschen Vater, bezeichnete sie in einem ihrer zahlreichen Interviews als „Hippies“. Ihre Familie zog von Kamerun in ein kleines Dorf im Hunsrück, als Mirrianne in die Schule kam. Damals sprach sie noch kein Wort Deutsch. Seither lebt sie in Deutschland und schreibt auf Deutsch.
Im Alter von 16 Jahren wurde sie schwanger, brach die Schule ab und zog nach Frankfurt. Später holte sie ihr Abitur nach und studierte Anglistik und Amerikanistik in Frankfurt. Sie wurde Mutter eines zweiten Kindes. Sie arbeitete als Theaterschauspielerin und gründete 2016 mittels Crowdfunding ein Catering-Unternehmen mit westafrikanisch inspirierter Küche. Im selben Jahr trat sie der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland bei und setzt sich seither gegen Rassismus, Diskriminierung und für mehr Diversität ein. Es folgten Beziehungsprobleme, Existenzängste, Scheidungskrieg, Depressionen, die beginnende Covid-Pandemie – und ihr Suizidversuch im März 2020.
Die darauf folgende Zeit in der Klinik erlaubte ihr eine Pause und Neuorientierung: Sie beschloss, ihr Engagement gegen Diskriminierung in den Mittelpunkt zu stellen. Ihr Roman-Projekt entstand auch in diesem Zusammenhang. Sie machte bei Black Lives Matter mit und trat der Partei Die Grünen bei, um in der Lokalpolitik aktiv zu werden. Seit 2021 ist sie gewählte Stadtverordnete in Frankfurt. Von den Grünen wegen interner Diskriminierung enttäuscht, ist sie seit 2023 bei der Fraktion Ökolinx-ELF.
Bekannt wurde Mirrianne Mahn durch ihre Aktion im Herbst 2021: Anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels an Tsitsi Dangarembga* aus Zimbabwe unterbrach sie in der Paulskirche die Rede des damaligen Frankfurter Oberbürgermeisters Peter Feldmann, als er in seiner Laudatio sagte: „In Frankfurt ist kein Platz für Rassismus.“ Mahn prangerte dies als leere Floskel an, denn verschiedene Autorinnen und Aktivisten hatten ihren Besuch auf der Buchmesse abgesagt, weil sie sich dort durch die Teilnahme rechter Verlage bedroht fühlten.
Nach ihrer eigenen Darstellung arbeitete Mahn ein Jahr lang an der Recherche und dem Verfassen ihres Romans Issa, der 2024 publiziert wurde.
* Unser Lesezirkel hat zwei Romane von Tsitsi Dangarembga diskutiert: im Sommer 2017 Nervous Conditions, 1988 / Der Preis der Freiheit, 1991 (2019 neu aufgelegt unter dem Titel Aufbrechen), Teil 1 der Tambudzai-Trilogie, und im November 2021 This Mournable Body, 2018 / Überleben, 2021, Teil 3. Ein Interview mit Tsitsi Dangarembga ist auf Radio Indaba nachzuhören
Issa
Die schwangere Issa reist von Frankfurt am Main zu ihren Großmüttern nach Buea, um auf Wunsch ihrer kamerunischen Mutter einige Rituale für einen guten Verlauf ihrer Schwangerschaft und für die Gesundheit des erwarteten Kindes zu vollziehen.
Die Roman-Handlung spielt im Jahr 2006 und umspannt mit den Geschichten von Issas Ururgroßmutter Enanga, Urgroßmutter Mariejoh, Großmutter Namondo und Mutter Ayudele ein gutes Jahrhundert. Im Epilog wird Issas Tochter Marijoh Eyole geboren.
Alle Frauen wehren sich gegen patriarchale Strukturen – von der Kolonialzeit über die Zeit der Unabhängigkeit Kameruns bis ins heutige Deutschland mit den hier herrschenden Lebensbedingungen für eine Schwarze Frau. Es geht ums Mutter-Werden und Mutter-Sein, um Familien-Beziehungen, um starke Frauen.
Die Autorin sagte in einem SWR2-Gespräch über ihre Hauptfigur: „Wir teilen ein Stück weit eine Lebensrealität. Und die ist es: Zu schwarz für Deutschland und zu weiß für Afrika zu sein.“ – „Ich wollte eine Geschichte von einzelnen Frauen erzählen und ihnen so gerecht werden, damit sie nicht vergessen werden. So verstehe ich meinen Aktivismus. Nämlich die Vergangenheit nicht zu vergessen, sondern mit ihr umzugehen.“
„Diese Geschichte ist meine Geschichte und gleichzeitig ist sie fiktional. Nicht alles darin ist wahr, aber alles daran ist echt.“ https://www.goethe.de/prj/ger/de/ihr/bks/25918664.html
Und sie wird von Mirrianne Mahn flott und humorvoll erzählt.
Neue Teilnehmende sind uns willkommen. Anmeldung bitte bei Lotte Rieder-Fraunlob
