August 2001
Hungesnot
In allen Dörfern im Süden Malawis spielen sich ähnliche
Szenen ab: Gruppen von Kindern in zerschlissener Kleidung spielen träge
auf der staubigen Erde, während zerlumpte alte Frauen sich mit uralten
Werkzeugen abmühen, Getreide zu säen oder Holz zu hacken. Die
Menschen sind verzweifelt. Fast sieben Jahre ist es her, daß Malawi, das
ehemalige Nyassaland, die Diktatur des "Präsidenten auf Lebenszeit"
Hastings Kumuzu Banda abschüttelte. Aber trotz der politischen
Umwälzungen zählt das südafrikanische Land noch immer zu den
ärmsten der Welt, das monatliche Durchschnittseinkommen liegt bei
umgerechnet rund 420 Schilling.
Nach massiven Ernteausfällen ist zudem eine Hungersnot
ausgebrochen. Wegen einer drastischen Verteuerung der Maispreise versammeln
sich täglich tausende Menschen vor den Maismühlen, um zumindest
Abfallprodukte zu kaufen, die ansonsten als Schweine- oder Hühnerfutter
verwendet würden. Präsident Bakili Muluzi sagte, die Regierung des
afrikanischen Landes könne nicht eingreifen, um die Maispreise zu senken.
Stattdessen kündigte er an, kostenlos Lebensmittel an ältere
Menschen, Waisen und Behinderte auszugeben. Hintergrund der
Lebensmittelknappheit sind Missernten in 14 der 27 Provinzen, vor allem auf
Grund von Überschwemmungen.
Zwar fordert kaum jemand die Rückkehr zum Einparteiensystem. Aber
die Erwartung, die Hinwendung zur Demokratie würde sich auch finanziell
auszahlen, hat sich für die Bewohner der früheren britischen Kolonie
nicht erfüllt. Die Leute sagen: O.k., wir sind frei, aber wer kann
das essen?, erzählt Maxton Tsoka vom malawischen Zentrum für
Sozialstudien.
Die Weltbank führt die Wirtschaftskrise hauptsächlich auf die
gestiegenen Rohölpreise, die schlechte Ernte des Hauptexportgutes Tabak
und die schlimmsten Überschwemmungen seit zehn Jahren zurück. Das
Welternährungsprogramm (WFP) kündigte Anfang April an,
Lebensmittelhilfen für mehr als 200.000 Hochwasseropfer bereitzustellen.
Politische Beobachter machen auch Korruption und Mißwirtschaft
für die Misere verantwortlich. Dem Büro für
Korruptionsbekämpfung wurden tausende Vorwürfe gegen Regierungsbeamte
vorgelegt, untersucht wurde jedoch erst ein Bruchteil davon. Auf Druck von
internationalen Geberländern hat Präsident Bakili Muluzi
kürzlich drei Minister wegen Korruptionsvorwürfen entlassen.
Ein noch größeres Problem ist die Ausbreitung von Aids. Die
Weltgesundheitsbehörde (WHO) schätzt, daß jeder sechste
Malawier im Alter von 15 bis 49 Jahren mit dem HI-Virus infiziert ist.
Jährlich sterben 80.000 Menschen an der Krankheit. Die Epidemie
gefährde sogar die Existenz vieler Firmen, sagt
Handelskammer-Präsident Jimmy Koreia-Mpatsa. Im Ausbildungszentrum seines
Unternehmens starben drei von zehn Mitarbeitern an der Krankheit.
|