25. Juni 2015
Erneuter Anlauf für Grundeinkommen mit verdoppeltem Betrag
Der neue Vorsitzende der BIG-Koalition, Pastor Wilfred Diergaardt, hat in Toni Hancox, Leiterin des Zentrums für Rechtsbeistand (LAC), eine von vielen Unterstützern der Koalition bzw. des Zieles zur landesweiten Einführung eines Grundeinkommens. Foto: Stefan Fischer Eine Woche nachdem Pastor Wilfred Dieergaardt den Vorsitz der BIG-Koalition übernommen hat, richtete er gestern einen Appell an die Regierung, speziell an Staatspräsident Hage Geingob und an den Minister für Armutsbekämpfung, Zephania Kameeta. „Wir rufen sie auf, zu handeln und das Grundeinkommen ab 2016 einzuführen“, sagte Diergaardt in Windhoek. Und: „Wir wollen, dass die Regierung das Grundeinkommen zu einem Konzept macht; die Vorbereitungen müssen jetzt beginnen.“ Das Grundeinkommen (Basic Income Grant, BIG) sei „das zentrale Instrument, um Armut in Namibia auszuradieren“, meint Diergaaardt. Er verwies dabei auf die Erfolge, die bei der BIG-Auszahlung in Omitara/Otjivero (100 N$ pro Person und Monat) während der Pilotphase gemacht worden seien. Das Grundeinkommen habe einen „positiven sozialen und ökonomischen Einfluss auf Nahrungsmittelsicherheit, Bildung, Gesundheit, Kriminalität und lokale Wirtschaftsaktivitäten“ gehabt. Diese Erfahrungen habe man auch 2013/14 gemacht, als die Evangelisch-Lutherische Kirche im Rahmen eines Dürrehilfsprogramms neun Monate lang einen Betrag von 100 N$ pro Monat an rund 6000 Menschen in vier Regionen ausgezahlt habe, so Diergaardt.
Großteil in Armut Den Bedarf zur Unterstützung vieler Namibier durch ein Grundeinkommen leitet der Pastor von der aktuellen Situation ab. Trotz einiger Verbesserungen in den vergangenen 25 Jahren sei Namibia noch ein Land „mit den größten Einkommensunterschieden der Welt, hauptsächlich durch das Erbe von Kolonialismus und Apartheid“, sagte er und führte aus: „Ein Großteil der Bevölkerung lebt immer noch in Armut mit einem düsteren Ausblick in die Zukunft, während eine kleine Elite extremen Reichtum angehäuft hat.“ Diergaardt sagte weiter, dass „Nahrungsmittelunsicherheit, Mangelernährung, übersteuerte Bildungs- und Gesundheitssysteme, hohe Arbeitslosenquote und ein niedriges Niveau an lokalen wirtschaftlichen Entwicklungen noch ernsthafte Herausforderungen“ darstellten.
Zwar sei mit der Staatsrente für Pensionäre sowie mit Finanzbeihilfen für Waisenkinder, Behinderte und Kriegsveteranen ein gewisses soziales Netz für Bedürftige gestrickt worden, dennoch „fallen noch zu viele Menschen durch die Maschen“, so der Pastor. Man könne die Sozialprogramme nicht einfach weiterlaufen lassen, wenn ein „direkterer und fundamentalerer Angriff auf Armut benötigt wird und möglich ist“.
Durch Inflation verdoppelt Das Grundeinkommen sollte „nicht weniger als 200 Namibia-Dollar pro Person pro Monat“ betragen, führte Diergaardt aus. Dies würde sich im Jahr auf rund drei Milliarden Namibia-Dollar oder fünf bis sechs Prozent des Staatshaushaltes summieren. „Dieser Betrag kann einfach durch eine Mischung aus Steuer- und Haushaltsanpassungen aufgebracht werden“, so Diergaardt. Die BIG-Koalition hat stets vorgeschlagen, das Grundeinkommen bei Menschen mit Einkommen/Gehalt über die Steuererklärung bzw. das Finanzamt zurückzuholen. Warum der einst mit 100 N$ angegebene Betrag nun verdoppelt wurde, erklärte Pastor Dirk Haarmann vom Dachverband der Lutherischen Kirchen im südlichen Afrika mit den Preissteigerungen. Wenn 100 N$ im Jahr 2005 die Grundlage gebildet hätten, würde man inflationsbedingt nun bei 204 N$ ankommen. „Wir wollen, dass die Kaufkraft die gleiche bleibt“, so Haarmann.
Indes räumte Diergaardt auf AZ-Nachfrage ein, dass die Brückenfinanzierung, welche der Pilotphase in Omitara/Otjivero folgte, ausgelaufen sei. Zuletzt habe man den rund 903 Bewohnern des Ortes ein Jahr lang jeweils 100 N$ pro Monat zahlen können; das Geld stammte von der Evangelischen Kirche in Italien und kam über die Vereinte Evangelische Mission nach Namibia (AZ berichtete). Im April habe es die letzte Auszahlung gegeben, so Diergaardt.
(Allgemeine Zeitung, Windhoek)
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