23. August 2004
VOR 300 JAHREN: Hinrichtung eines Angolaners in Österreich
Aus Anlaß des 300. Todestages erinnert das Dokumentations- und Kooperationszentrum Südliches Afrika (SADOCC) heute an die Hinrichtung eines jungen Mannes aus Angola in Wien am 23. August 1704.
Das tragische Schicksal dieses ersten Angolaners in Österreich, das in seinem Heimatland durch einen Bericht des dortigen Rundfunks zu einer breiten Diskussion über Sklaverei und Diaspora geführt hat, sollte in Österreich zum Anlaß für verstärkte Aktivitäten genommen werden, um Angola nach Jahrhunderten des Kolonialismus und nach Jahrzehnten des Bürgerkriegs bei Wiederaufbau und Demokratisierung zu unterstützen.
Die furchtbaren Geschehnisse vor 300 Jahren sollten uns aber auch Mahnung sein, den Umgang von Polizei und Justiz mit Menschen der afrikanischen Diaspora zu überdenken und vergangenes Unrecht nicht zu wiederholen.
Jacob Bock sein eigentlicher Name ist unbekannt stammte aus dem berühmtem Königreich Kongo, das sich im Norden des heutigen Angola befand und im 17. Jahrhundert von portugiesischen Sklavenhändlern infiltriert wurde. Es wird vermutet, daß der zwanzigjährige junge Mann als Sklave über Portugal nach Österreich kam. Nähere Umstände sind nicht bekannt. Nur das Urteil des Wiener Stadtgerichts, das im amtlichen Wiennerischen Diarium kundgemacht wurde, berichtet über sein Schicksal.
Begonnen hatte die Katastrophe am 18. August 1704 mit einer Wirtshausrauferei zwischen zwei adeligen Bedienten, welche nach deren Verhaftung durch die städtische Rumorwache rasch den Charakter einer politischen Konfrontation zwischen Wirtshausgästen / Passanten und der Polizei annahm.
Gründe für einen Protest gegen die Vertreter der herrschenden Ordnung, die sich durch die Verarmung breiter Bevölkerungsschichten bei gleichzeitiger Entfaltung höchsten Barockprunks auszeichnete, waren jede Menge vorhanden.
Vor allem Dienstboten beteiligten sich in der Naglergasse im 1. Bezirk an dieser Straßenschlacht, die in der Wiener Stadtgeschichte als Lakaientumult bekannt werden sollte. Unter ihnen befand sich auch Jacob Bock, der mit einigen der involvierten Kutscher, Lakaien und Botengänger offenbar bekannt war.
Er wurde von einer heranmarschierenden Verstärkungseinheit der Polizei zunächst verhaftet, konnte von der protestierenden Menge jedoch befreit werden. Zeugen der Anklage warfen ihm später unter Eid vor, er habe in dieser Phase einen Wachsoldaten mit einem Stein niedergeschlagen, was Bock allerdings bestritt. Er wurde dieser Tat aber ebenso angeklagt wie der Beteiligung an der Erstürmung einer Wachhütte der Polizei auf dem Neuen Markt, in deren Verlauf es zum Tod eines Jugendlichen durch einen losgegangenen Schuß gekommen war.
Von all dem konnte Bock zwar nichts bewiesen werden, und außerdem war der junge Afrikaner etwa gleichzeitig mit dem Zeitpunkt des Überfalls schlafend auf dem Graben entdeckt und verhaftet worden. Angesichts der immer wieder aufflammenden sozialen Proteste wollte das Gericht allerdings ein Exempel statuieren. Die Richter vertraten die Ansicht, Bock habe schon beim Ausbruch des Tumults eine führende Rolle gespielt und sei daher auch für alle folgenden Delikte mitverantwortlich. Weder wurden die einheimischen Anführer des Tumults noch die Verantwortlichen für den Totschlag auf dem Neuen Markt ermittelt.
Von einer gnadenlosen Justiz wurde der junge Angolaner daher zum Tod durch Erhängen auf dem Hohen Markt verurteilt, wo sich seit der Türkenbelagerung Wiens ein Schnellgalgen befand. Die Hinsichtung Jacob Bocks fand in aufsehenerregender Weise am 23. August 1704 statt. Unmittelbar zuvor wurde er noch getauft. (Walter Sauer)
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