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Von der Schwierigkeit, auf Entwicklung zu reagierenÖsterreichs Beziehungen zum Südlichen Afrika seit 1980 Von Walter Sauer*) erschienen in: Gabriele Slezak / Richard Langthaler (Red.), Österreich und die Entwicklungsgemeinschaft Südliches Afrika (SADC). Wien 1998, S. 81-93. Auf verschiedenen Ebenen begannen sich 1980 die politischen Rahmenbedingungen im Südlichen Afrika zu verändern. Nach dem kriegs- und sanktionsbedingten Scheitern der süd-rhodesischen Unilateral Declaration of Independence (UDI) stimmten bei den ersten freien Wahlen des Landes fast 90% der schwarzen Bevölkerung für die beiden Befreiungsbewegungen; am 18. April erlangte Zimbabwe seine politische Unabhängigkeit von Großbritannien. In Südafrika entwickelten sich nach der Stagnation der Post-Soweto-Ära massenhafte Widerstandsaktivitäten gegen das Apartheidregime, am 9. März startete die "Sunday Post" die erste landesweite Kampagne zur Freilassung Nelson Mandelas. Wiederum im April 1980 wurde schließlich in Lusaka die Southern African Development Coordination Conference (SADCC) als Zusammenschluß von damals neun Staaten gegründet, um deren ökonomische Abhängigkeit von Südafrika zu verringern und eine wirtschaftliche Integration der Region zu forcieren. Auswirkungen der Dekolonisierung Zimbabwes Jede einzelne dieser Entwicklungen verlangte - wenngleich in unterschiedlicher Dringlichkeit - nach einer Neuorientierung der österreichischen Beziehungen zum Südlichen Afrika. Insbesondere gegen über dem unabhängigen Zimbabwe bestand Handlungsbedarf. Zwar waren einerseits die wirtschaftlichen Beziehungen zur süd-rhodesischen Siedlerdiktatur trotz des vom Sicherheitsrat 1966 verhängten und 1968 verschärften bindenden Embargos nie abgerissen; es bestanden somit gute Chancen, den Außenhandel rasch zu normalisieren und durch Erzielung größerer Marktanteile am zu erwartenden Wirtschaftsaufschwung des Landes zu partizipieren. Andererseits jedoch brachte gerade die bisherige Nähe der heimischen Wirtschaft zum UDI-Regime die Gefahr einer Ablehnung österreichischer (Wirtschafts-)interessen durch die neue zimbabwesche Regierung (und potentiell auch durch andere aus Dekolonisationsprozessen hervorgegangene Regierungen Afrikas) mit sich. In der Tat hatten die zuständigen Gremien der Vereinten Nationen österreichischen Firmen und Banken mehrfach Verletzungen des Embargos nachweisen können; bei der Einschätzung der inner-rhodesischen Entwicklung und des Wahlausgangs war man am Ballhausplatz (unter dem Druck einer gut organisierten kolonialistischen Lobby) einer ziemlichen Fehleinschätzung unterlegen, und zu den nunmehrigen Entscheidungsträgern in Harare bestanden praktisch keinerlei Kontakte.[1] Angesichts des starken Engagements der verstaatlichten Industrie im zunehmend isolierten Südafrika, der oberflächlichen Durchführung des 1978 vom Sicherheitsrat verhängten Waffenembargos und einer breite Kreise der Öffentlichkeit beeinflussenden Apartheidpropaganda drohte sich eine ähnliche Fehlpositionierung Österreichs sogar zu wiederholen.[2] Ab 1979 begann man sich daher im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten Gedanken über die "Erhaltung" der "Glaubwürdigkeit Österreichs" im Südlichen Afrika zu machen[3], und im Oktober 1980 wurde im Rahmen einer interministeriellen Besprechung ein - unter Federführung von Heribert Tschofen entstandenes - Strategiepapier namens "Überlegungen zur österreichischen Aussenpolitik: Afrika südlich der Sahara" beschlossen. Aufbauend auf einer ausführlichen Bestandsaufnahme sah dieses Konzept zahlreiche Maßnahmen zur Intensivierung der bilateralen Beziehungen vor, etwa die Verdichtung des diplomatischen Netzes, eine Verstärkung des Besuchs- und Kulturaustauschs und vor allem einen erhöhten bzw. gezielteren Einsatz von Entwicklungshilfemitteln. Nicht zufällig wurde jedoch auch ein Hauptproblem der heimischen Politik im Südlichen Afrika angesprochen: die international nicht unbeachtet gebliebene Diskrepanz zwischen den verbalen Bekenntnissen Österreichs zu den Prinzipien des Völkerrechts und seinem "vorwiegend von wirtschaftlichen Interessen bestimmten tatsächlichen Verhalten". In Hinkunft müsse "grundsätzlich ein möglichst hohes Maß an diesbezüglicher Übereinstimmung erzielt werden". Inwieweit ein derart grundsätzlicher Paradigmenwechsel der österreichischen Afrikapolitik in den folgenden Jahren tatsächlich zustandekam, mag in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben. Vor dem Hintergrund der "Überlegungen" wird allerdings das koordinierte Vorgehen von Außenamt und Bundeswirtschaftskammer hinsichtlich Zimbabwes ebenso verständlich wie insgesamt die Afrika-Initiative Außenminister Wilibald Pahrs im Jahr 1981.[4] Während österreichische Firmen ihre Marktpräsenz in Zimbabwe wesentlich verstärkten, kündigte das Außenministerium Anfang 1981 die Errichtung einer Botschaft in Harare an; im Mai desselben Jahres hielt sich Pahr im Rahmen seiner Afrikareise zu einem Besuch in Zimbabwe auf, eröffnete die vom zambischen Lusaka nach Harare verlegte Außenhandelsstelle und einigte sich mit Wirtschaftsminister Bernard Chidzero auf die Gewährung eines Entwicklungshilfekredits über zehn Millionen Schilling (Elektrifizierung einer Eisenbahnstrecke); als schließlich Anfang 1982 die neue Botschaft in Harare - zusätzlich zu jener in Lusaka - errichtet wurde, verstärkte sich dadurch die diplomatische Präsenz Österreichs in den Ländern der SADCC erheblich; abgesehen von einzelnen Honorarkonsulaten hatten zuvor ja nur die erwähnte Botschaft in Lusaka sowie eine Außenhandelsstelle in Luanda/Angola bestanden. Parallel zu dieser stärkeren Fokussierung der österreichischen Außenpolitik auf die Nachbarländer Südafrikas verstärkten sich auch die wirtschaftlichen Beziehungen. Nimmt man das Außenhandelsvolumen (Import und Export zusammengenommen) als einen zugegebenerweise groben Indikator, so zeigt sich nicht nur eine merkliche Ausweitung des österreichischen Warenaustauschs mit der Region insgesamt, sondern es erhöhte sich auch die relative Bedeutung des Handels mit den SADCC-Ländern gegenüber jenem mit Südafrika/Namibia; ausgehend von einem Volumen von 284 Mio öS im Jahr 1979 (was knapp 12,4% des Handel mit der Gesamtregion entsprach) wurde drei Jahre darauf ein Höchstwert von 983 Mio öS (immerhin 26,6% des gesamten Handelsvolumens Österreich - Südliches Afrika) erreicht; exportseitig lag die Bilanz (mit einem 30%-Anteil) sogar noch günstiger.[5] Maßgeblich dafür waren mehrere Faktoren, etwa das österreichische Rehabilitationsprogramm eines angolanischen Bergwerks und daran anschließende Eisenerzimporte der VOEST-Alpine oder die durch "weiche Kredite" induzierte Nachfrage nach heimischen Exportgütern in Tanzania[6]. Der wichtigste Stellenwert jedoch kam der Neustrukturierung des Außenhandels mit Zimbabwe nach dem Ende des Embargos zu. War das bilaterale Handelsvolumen zu Zimbabwe 1980 noch unter dem Niveau von 1965, dem ersten Jahr der Rhodesien-Sanktionen, gelegen, so wurde bereits 1981 der bis heute nicht übertroffene Höchstwert von über 500 Mio öS erzielt; trotz wiederum fallender Tendenz konnte Zimbabwe für die nächsten Jahre sowohl import- als auch exportseitig seinen Platz als bei weitem größter Handelspartner unseres Landes im SADCC-Raum behaupten. Quantitativ überwogen freilich Österreichs Importe (Höchstwert 1981 mit 354 Mio) seine Exporte bei weitem (Höchstwert 1983 mit 182 Mio), wobei nicht zu übersehen ist, daß ein Teil der importseitigen Zuwächse zu Lasten anderer SADCC-Staaten ging: so kamen die Ausfuhren Moçambiques nach Österreich praktisch zum Erliegen (offenbar wurden süd-rhodesische Umgehungsgeschäfte bei Tabak, Kupfer und Eisen eingestellt), und auch die österreichischen Baumwollkäufe in Tanzania scheinen teilweise nach Zimbabwe umgeschichtet worden zu sein; erst 1986 - offenbar im Gefolge des ersten offiziellen Besuchs von Ministerpräsident Robert Mugabe in Österreich - konnte eine aktive Handelsbilanz verzeichnet werden (österreichische Ausfuhren von 231 Mio gegenüber Einfuhren von 192 Mio). Und bei aller quantitativen Steigerung blieb der Zimbabwe-Handel strukturell von den Kontinuitäten der Kolonialzeit geprägt; importseitig erwies sich (wie schon vor UDI) das Rohstoffinteresse der heimischen Textil-, Metall- und Tabakindustrie als ausschlaggebend, exportseitig dominierten (bei einer an sich diversifizierten Warenstruktur) Lieferungen für den Anlagenbau (z.B. im Zusammenhang mit dem epochenüberdauernden Engagement der VOEST bei der Modernisierung des Stahlwerks ZISCO[7]) sowie Maschinen und Verkehrsmittel (v.a. für die Eisenbahn). In außenpolitischer und wirtschaftlicher Hinsicht war den koordinierten österreichischen Aktivitäten eine Annäherung an die unabhängigen Staaten im Südlichen Afrika - und vor allem an Zimbabwe - somit weitgehend gelungen; weitere Maßnahmen sollten gemäß den "Überlegungen" des BMaA jedoch auch auf entwicklungspolitischer Ebene getroffen werden. Diese Absicht freilich ließ sich angesichts zersplitterter Kompetenzen, eines geringen Projektvolumens und bestehender Verträge nicht leicht verwirklichen. Statistisch betrachtet stiegen die heimischen Entwicklungshilfeleistungen für das Südliche Afrika zwar erheblich an - Höchstwerte wurden 1981 mit fast 114 Mio öS und 1982 mit immerhin noch 86 Mio öS erreicht -, doch hing dies in erster Linie mit dem hohen Anteil der Nahrungsmittelhilfe an Moçambique und Tanzania zusammen, auf welche in den genannten Jahren nicht weniger als 75% bzw. 29% der gesamten (!) SADCC-bezogenen EZA-Leistungen Österreichs entfielen.[8] Wie in anderen Fällen auch, war dieses an sich ambitionierte Instrument zur Unterstützung bei Hungersnot allerdings nicht dazu gedacht, ein dauerhaftes entwicklungspolitisches Engagement zu begründen. Auch die österreichischen Exportkredite, die 1980 und 1982 an Tanzania und Zimbabwe vergeben wurden und 40% bzw. 48% der heimischen Gesamtleistungen im SADCC-Raum betrugen, waren kaum in eine längerfristige entwicklungspolitische Strategie eingebunden. Während somit ein Großteil der österreichischen Hilfe im Südlichen Afrika über entwicklungspolitisch nicht unproblematische Instrumentarien[9] abgewickelt wurde, fiel seit Anfang der achtziger Jahre die vom Bundeskanzleramt administrierte und politisch am ehesten gestaltbare bilaterale Technische Hilfe deutlich ab. Vor 1980 hatte sie sich im Südlichen Afrika auf die Unterstützung verschiedener Projekte im blockfreien Zambia konzentriert; diese Projekte jedoch (Instandsetzung von Eisenbahnbrücken, Viehzucht) gingen teilweise ihrem Ende zu, und das Zambia-Engagement lief nur in reduzierter Form mit Schwerpunkt ländliche Entwicklung (Projekte in der Diözese Chipata) weiter; 1982 wurde mit etwas über 5 Mio öS der absolute Tiefpunkt der bilateralen Technischen Hilfe Österreichs im Südlichen Afrika erreicht. Erst ab 1983/84 stiegen die österreichischen Leistungen wieder deutlich an, und zwar vor allem infolge der zunächst vom Österreichischen Entwicklungsdienst, später kurzfristig auch vom Institut für Internationale Zusammenarbeit durchgeführten Projekte in Zimbabwe (vor allem in den Sektoren Bildung und Gesundheit); gleichzeitig wurden mit erheblichen Mitteln auch Schulungsprogramme im Zusammenhang mit der erwähnten Rehabilitation von ZISCO durch die VOEST-Alpine von der bilateralen Technischen Hilfe unterstützt. Auch die 1983 - auf Vermittlung österreichischer Entwicklungshelfer - zwischen dem zuständigen Staatssekretär im Bundeskanzleramt, Ferdinand Lacina, und dem moçambikanischen Verantwortlichen für landwirtschaftlichen Wasserbau, Ruiz Gonzales, vereinbarten Projekte in den Bereichen Bewässerung und Viehzucht sowie das im Jahr darauf gestartete Hochwasserschutz-Programm in der Grenzregion Moçambiques zu Swaziland schlugen in den Jahren darauf zum kleineren Teil im Bereich der Technischen Hilfe (zum größeren Teil jedoch in Form von Exportkrediten) zu Buche.[10] Prinzipiell war der Schwerpunkt der österreichischen Entwicklungspolitik dieser Jahre auf einem anderen Gebiet gelegen. Seit Jahren war Bundeskanzler Bruno Kreisky für einen massiven Ressourcentransfer der Industrieländer in die Dritte Welt ("Marshallplan") eingetreten, wobei in erster Linie an wachstumsfördernde Verbesserungen der Infrastruktur (etwa im Eisenbahnsektor, in dem Österreich einiges an Know How anzubieten hatte) gedacht war.[11] Als Pilotprojekt dafür war zwar zunächst das ostafrikanische Kagera River Basin in Aussicht genommen worden (die "Überlegungen" des BMaA plädierten allgemein für eine Vernetzung mit der beginnenden Transport- und Kommunikationsdekade Afrikas), doch ließ andererseits die zentrale Bedeutung, welche die neugegründete SADCC dem Transport- und Kommunikationsbereich zumaß, genausogut auch die Verbindung des Marshallplan-Projekts mit einem österreichischen SADCC-Engagement denkbar erscheinen. Gerade diesen Aspekt stellte der für Entwicklungshilfe zuständige Staatssekretär im Bundeskanzleramt, Adolf Nußbaumer, anläßlich seiner Teilnahme an der ersten Donors Conference der SADCC in Maputo in den Vordergrund; er "wies auch darauf hin, daß die Zielsetzungen der Staaten des südlichen Afrika... mit den von Bundeskanzler Dr. Kreisky mehrfach dargelegten Gedankengängen für einen massiven Ressourcentransfer für die dritte Welt übereinstimmen".[12] Konkret führte Nußbaumer Vorgespräche mit Tanzania über die Rehabilitierung eines Streckenabschnitts der Tanzania Zambia Railway (TAZARA) sowie mit Moçambique über Beteiligungen an der Instandsetzung der Bahnlinie im Beira-Korridor bzw. am Hafenausbau von Maputo. Allerdings kam ein österreichisches Engagement in bezug auf die für das SADCC-Konzept der Abkoppelung von Südafrika strategisch wichtigen Eisenbahnlinien vorerst nur punktuell zustande.[13] In Zambia wurde 1979/80 die Wiederinstandsetzung von im Krieg zerstörten Eisenbahnbrücken finanziert, und für Tanzania wurden vereinzelt Gleis- bzw. Bahnbaumaschinen teils auf Grant-, teils (wie erwähnt) auf Kreditbasis geliefert sowie die Ausbildung von Personal bei der Eisenbahn unterstützt. Erst ab 1985 sollte die Kooperation Österreich/SADCC im Transportbereich sowohl programmatisch als auch quantitativ größere Dimensionen erreichen. Konflikt um Südafrika In verschiedener Hinsicht hatte somit die Entkolonisierung Zimbabwes unter majority rule Anlaß zu einer Modifizierung der traditionellen Beziehungen Österreich zum Südlichen Afrika gegeben. Außenpolitisch waren mit der Errichtung der zusätzlichen Botschaft in Harare und der Bereitschaft zur Kooperation mit der SADCC deutliche Signale der Annäherung an das unabhängige Afrika gesetzt worden; wirtschaftlich hatten Handel und Entwicklungskooperation mit den jungen Staaten der Region an Bedeutung gewonnen. Dennoch blieb die Situation ambivalent angesichts des überragenden Stellenwerts, den das rassistische Südafrika auch weiterhin im Rahmen der heimischen Beziehungen zum Südlichen Afrika einnahm. In Konsequenz aus der verfehlten Rhodesien-Politik war es zwar seit 1980 - teilweise vermittelt durch die 1976 gegründete Anti-Apartheid-Bewegung[14] - zu verstärkten Kontakten mit den Befreiungsbewegungen der noch unter weißer Minoritätsherrschaft stehenden Länder des Südlichen Afrika gekommen. Mehrfach wurden Gespräche auf höchster Ebene mit Repräsentanten des African National Congress von Südafrika geführt (Diskussion über Eröffnung eines ANC-Büros in Wien, österreichische Unterstützung für das ANC-Schulzentrum in Tanzania (1983/84 mit 7,4 Mio öS), 1981 Verleihung des Kreisky-Menschenrechtspreises an den inhaftierten Nelson Mandela) oder mit solchen der South West African People's Organisation of Namibia (SWAPO). Die offiziellen Beziehungen zu Pretoria blieben allerdings "korrekt".[15] Als einziger Staat aus dem Südlichen Afrika unterhielt Südafrika eine Botschaft in Wien, an der zahlreiche Diplomaten nicht nur politische und kommerzielle, sondern auch militärische und nachrichtendienstliche Aufgaben erfüllten; in mehreren Bundesländern bestanden darüber hinaus Honorarkonsulate sowie Freundschaftsvereine, die sich gemeinsam mit der südafrikanischen Auslandspropaganda der ideologischen Legitimation der Apartheid (in ihrer jeweiligen Ausprägung) widmeten. 1979 hatte Österreich zwar - einer UN-Resolution folgend - eine Sichtvermerkspflicht für südafrikanische Staatsangehörige eingeführt, 1982 diese Visa jedoch gebührenfrei gestellt. Und wenngleich offiziellerseits die südafrikanische Politik im Bereich der Vereinten Nationen stets verurteilt wurde, enthielt man sich bei Abstimmungen über konkrete Maßnahmen mit ebensolcher Regelmäßigkeit der Stimme. Die Auswirkungen des von der UN-Generalversammlung für 1982 ausgerufenen "Internationalen Jahres für Sanktionen gegen Südafrika" blieben dementsprechend marginal; so wurde zwar die diplomatische Betreuung von Swaziland und Lesotho dem Amtsbereich der neuen Botschaft in Harare zugeordnet, ansonsten jedoch blieb das diplomatische Vertretungsnetz Österreichs in Südafrika - Botschaft in Pretoria, Honorarkonsulate in Johannesburg, Durban und Kapstadt (mit Zuständigkeit auch für Namibia), Außenhandelsstelle in Johannesburg - intakt. Sieht man von ideologischen Argumenten ab, so waren es in erster Linie ökonomische Überlegungen, die für die Aufrechterhaltung "korrekter" Beziehungen zu Südafrika sprachen; immerhin stand der Apartheidstaat unter den afrikanischen Handelspartnern unseres Landes 1980 an vierter Stelle. Importseitig war die Milliardengrenze (in Schilling) schon 1977, exportseitig 1980 überschritten worden, wobei die Warenstruktur - anders als im Fall der meisten anderen afrikanischen Länder - in beiden Richtungen einen ziemlich hohen Diversifizierungsgrad aufwies. Bei den Einfuhren dominierten zu Anfang der achtziger Jahre Gold, frische und verarbeitete Früchte, diverse mineralische Rohstoffe sowie Roheisen und Schrott; die Ausfuhren Österreichs setzten sich vorwiegend aus künstlichen Spinnstoffen sowie einer breiten Palette an Maschinen und Fahrzeugen zusammen, wobei in der Struktur der österreichischen Lieferungen ein deutlicher Wandel von Gebrauchs- und Konsumgütern zu technologisch hochwertigen Industriewaren zu bemerken war. Mehr als 600 österreichische Firmen sollen - mehr oder weniger regelmäßig - im Südafrikageschäft tätig gewesen sein, etwa dreißig von ihnen (darunter wichtige verstaatlichte Unternehmungen) hatten zudem Verkaufs- oder Produktionsniederlassungen am Kap gegründet.[16] Infolge des Zimbabwe-Booms Anfang der achtziger Jahre hatte sich zwar, wie erwähnt, der Anteil des Südafrika-Handels am Außenhandel Österreichs mit der Region insgesamt merklich verringert. 1983 jedoch setzte ein gegenläufiger Trend ein, teils wegen der Stagnation des Warenverkehrs mit Zimbabwe, teils infolge steigender Kupfereinfuhren aus Namibia, dem von Südafrika seit 1966 völkerrechtswidrig besetzt gehaltenen Treuhandgebiet der Vereinten Nationen; Lieferschwierigkeiten Zambias infolge der Unterbrechung der Benguela-Bahn durch südafrikanische Destabilisierungsaktionen trugen wohl zur dieser Neuorientierung des Kupfermarktes bei.[17] Verstärkte Anstrengungen des südafrikanischen Regimes, seine spürbarer werdende Isolierung zu durchbrechen, kulminierten schließlich im Juni 1984 in einer Europareise des südafrikanischen Staatspräsidenten P.W. Botha - unternommen zwecks internationaler Anerkennung der südafrikanischen "Verfassungsreform" -, in derem Rahmen es auch in Wien und im Burgenland zu Gesprächen mit zahlreichen Spitzenvertretern von Politik und Wirtschaft kam, die entsprechende Resultate zeitigten. Schon zuvor hatte der österreichische Vizekanzler und Handelsminister Norbert Steger seine Absicht angekündigt, Südafrika an der Spitze einer Wirtschaftsmission zu besuchen.[18] Weiters verstärkte sich - trotz des (vorläufigen) Scheiterns eines Stahlwerksprojekts in Saldanha - das Engagement der verstaatlichten VOEST-Alpine im Anlagenbau sowie beim Transfer hochspezialisierter, z. T. auch militärisch verwendbarer Technologien[19]; in steigendem Ausmaß wurden von den Banken kommerzielle Exportkredite gewährt, und auch als Standort für Kapitalanlagen gewann Südafrika zunehmend an Bedeutung. Last, but not least: Mit einem (in der Außenhandelsstatistik nicht erfaßten) Umsatz von mehr als 5 Mrd Schilling stieg Österreich im Jahr 1983 zum weltweit drittwichtigsten Absatzmarkt für südafrikanische Krügerrand-"Münzen" auf.[20] All diese Entwicklungen kamen nicht nur ohne Berücksichtigung völkerrechtlicher bzw. menschenrechtlicher Argumente zustande, sondern gingen auch von einem Vertrauen auf die politische Stabilität der Apartheiddiktatur aus, welches nicht nur aus heutiger Sicht unberechtigt erscheint, sondern bei realistischer Analyse der südafrikanischen Situation auch bereits damals hätte relativiert werden können. Aus Protest gegen die vom Regime durchgepeitschte sog. Verfassungsreform (Drei-Kammern-Parlament auf Basis der gesetzlich verankerten Rassenklassifizierung) hatte sich 1983 in Südafrika die United Democratic Front, ein Bündnis nicht-rassistischer Bürgerrechtsorganisationen, Gewerkschaften und Kirchen mit starker Nähe zum verbotenen African National Congress, gebildet. Die Mobilisierung für den Wahlboykott der Inder und Coloureds wurde von Boykott- und Streikaktionen begleitet, diese wiederum mündeten in vielen schwarzen Ghettosiedlungen in den offenen Widerstand. Im Oktober 1984 sah sich Pretoria erstmals gezwungen, die Armee zur Kontrolle aufständischer Townships zum Einsatz zu bringen; im Juli 1985 wurde der Ausnahmezustand zunächst über 36 Distrikte, später über ganz Südafrika verhängt. US-amerikanische Banken hatten bereits Anfang des Jahres bestimmte Kredite vorzeitig fällig gestellt, und die plötzlich zutage tretende Instabilität des Systems führte zu einem fast panikartigen Abfluß ausländischen Investitions- und Anlagekapitals (1985-89 im Ausmaß von etwa 30 Milliarden Rand) und zu einem drastischen Kursverfall der südafrikanischen Währung; im August brach kurzfristig die Börse zusammen, die South African Reserve Bank verbot jeglichen Kapitalexport und ersuchte die ausländischen Gläubigerbanken um ein Schuldenmoratorium. Österreichischerseits soll das ausständige Kreditvolumen zu dieser Zeit sieben Mrd öS betragen haben.[21] Weltweit wurden die brutale Repression der südafrikanischen Sicherheitskräfte gegen die nicht-rassistische Opposition und die zunehmende Militarisierung Namibias mit heftigen Protesten und der Forderung nach politischen und wirtschaftlichen Sanktionen durch Regierungen und Vereinte Nationen beantwortet; mit einer gewissen Verzögerung folgte auch Österreich. Am 23. September 1985 gab die Bundesregierung dem Druck der Öffentlichkeit nach und verabschiedete, gestützt auf die Resolutionen des Weltsicherheitsrates 566 und 569/85, ein erstes Sanktionenpaket gegen Südafrika. Der Beschluß, der vom damaligen Außenminister Leopold Gratz vor der UNO-Generalversammlung in New York bekanntgegeben wurde, umfaßte (im amtlichen Wortlaut) folgende Maßnahmen: "1. Keine Investitionen der öffentlichen Hand oder im öffentlichen Besitz befindlicher Unternehmen in Südafrika. 2. Ein bindendes Übereinkommen mit den österreichischen Geldinstituten betreffend Importverbot von Krügerrand und anderen südafrikanischen Goldmünzen. 3. Die sportlichen und kulturellen Beziehungen mit Südafrika werden durch die Einstellung von Subventionen an Sportorganisationen, welche Kontakte mit diesem Land fortsetzen, durch Sichtvermerkssperren für Sportler aus Südafrika und durch die Einstellung von Stipendien eingeschränkt. 4. Bis auf weiteres werden keine öffentlichen Haftungen für Exportkredite eingeräumt. 5. Es erfolgt keine Beteiligung von Unternehmen der öffentlichen Hand an südafrikanischen Ausschreibungen im Nuklearbereich. 6. Exporte von Computerausrüstungen, die von der südafrikanischen Armee oder Polizei verwendet werden könnten, werden auf Grund des Außenhandelsgesetzes untersagt." Weiters wurde von der Regierung im Oktober 1985 eine Verordnung gemäß § 4 des Kriegsmaterialgesetzes erlassen und damit eine der rechtlichen Lücken zur Durchführung des Waffenembargos gegen Südafrika geschlossen. Und schließlich übernahm der Ministerrat am 7. Oktober 1986 die von der Europäischen Gemeinschaft verhängten Sanktionsmaßnahmen, nämlich ein Verbot von Eisen- und Stahlimporten aus Südafrika, eine Verschärfung der bereits bestehenden Importsperre für Krügerrand durch ein Verkaufsverbot sowie die "Vorbereitung" der Untersagung neuer Investitionen für private und verstaatlichte Unternehmen. Weitergehende Forderungen wie ein Entzug der Landerechte für die South African Airways in Wien-Schwechat oder stärkere Handelssanktionen (etwa nach dem Vorbild der USA) konnten nicht durchgesetzt werden. Wiewohl somit fragmentarisch und zudem nur lückenhaft durchgeführt, schufen die außen- wie innenpolitisch erzwungenen Sanktionen dennoch neue Rahmenbedingungen für das österreichischen Verhältnis zu Südafrika. Unter Ausklammerung der Entwicklungen auf politischem, kulturellem oder sportlichem Gebiet muß eine merkliche Beeinträchtigung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen konstatiert werden. Quantitativ - wiewohl in der Handelsstatistik nicht feststellbar - fiel wohl am stärksten ins Gewicht, daß der steuerlich begünstigte heimische Absatzmarkt für Krügerrands binnen weniger Monate zusammenbrach; zusammen mit analogen Maßnahmen der Vereinigten Staaten bedeutete dies das Ende für ein wichtiges Teilsegment des südafrikanischen Goldexports. Erhebliche Einbrüche waren in den darauffolgenden Jahren auch beim allgemeinen Warenverkehr zu verzeichnen. Österreichs Importe fielen von 1,8 Mrd öS im Jahr 1985 auf 1,2 Mrd 1987, also um etwa ein Drittel; die Exporte sanken im selben Zeitraum von 1,3 Mrd öS deutlich unter die Milliardengrenze ab, nämlich um 27% auf 0,9 Mrd öS. Maßgeblich dafür war teils die Einstellung der öffentlichen Haftungen für Exportkredite, teils der schrumpfende südafrikanische Import angesichts der schweren Zahlungsbilanz- und Devisenprobleme des Landes. In einzelnen Fällen zogen sich österreichische Investoren darüber hinaus aus Südafrika zurück[22], und die ursprünglich geplante Beteiligung heimischer Firmen an einem der größten südafrikanischen Infrastrukturprojekte - dem Lesotho Highlands Water Project - kam infolge von massiver politischer und ökologischer Kritik nur in abgeschwächter Dimension zustande. SADCC als Alternative? Daß die Sanktionen wirkungslos gewesen wären, kann somit sicherlich nicht behauptet werden. Zudem brachte die Einschränkung der Beziehungen zu Südafrika auch eine neuerliche Möglichkeit mit sich, das Verhältnis Österreichs zu den übrigen Staaten der Region bzw. zur SADCC zu intensivieren. Politische Akzente in diese Richtung wurden bewußt von Außenminister Peter Jankowitsch gesetzt, etwa in Form der österreichischen Gastgeberschaft für die "Weltkonferenz zur Befreiung Namibias" der Vereinten Nationen, welche 1986 in der Wiener Hofburg abgehalten wurde, oder mit der Entsendung eines für die gesamte SADCC-Region zuständigen Entwicklungshilfe-Attachés (Markus Cornaro) nach Zimbabwe im selben Jahr. Endlich kam nunmehr auch die seit Jahren geplante Beteiligung der österreichischen Entwicklungshilfe an der Rehabilitation der für die Binnenstaaten der SADCC lebenswichtigen Eisenbahnstrecken zum Tragen. Ab 1985 beteiligte sich Österreich vor allem am Tazara Ten-Year Development Plan, am Beira Railway Rehabilitation Programme sowie an mehreren kleineren Projekten; es handelte sich allerdings nur um die aus dem Inneren des Kontinents zur Ostküste hin ausgerichteten Linien, während Angola - wo die Außenhandelsstelle 1986 geschlossen wurde - unberücksichtigt blieb.[23] Insgesamt wurden bisher (die Projekte traten 1993 mit der Beteiligung an einer Erhebung über den technischen Zustand der Hauptverkehrsstrecken der SADCC in ein neues Stadium) etwa 750 Mio öS für das Eisenbahnprogramm aufgewendet - eine in Anbetracht des geringen EZA-Budgets Österreichs namhafte (wenngleich im Relation zur gesamten internationalen Unterstützung für die Programme der SADCC immer noch geringfügige) Summe. Wenn der Umfang der heimischen Entwicklungshilfe für das Südliche Afrika insgesamt im Verlauf der zweiten Hälfte der achtziger Jahre tendentiell anstieg, so ging dies großtenteils auf die Teilnahme Österreichs an der Wiederinstandsetzung der Eisenbahnstrecken im Bereich der SADCC zurück. An den hohen EZA-Werten der Jahre 1987 (136,9 Mio öS) und 1991 (149,4 Mio öS) hatten die jeweiligen Bahnprojekte in Moçambique und Tanzania (Lieferung von Maschinen und Schienenschweißung) einen Anteil von 52% bzw. 45%; und am Spitzenwert von 1990 (210,5 Mio öS) lag ihr Anteil mit 15,4% nur deshalb so niedrig, weil in diesem Jahr der Zimbabwe gewährte Importstützungskredit in Höhe von 100 Mio öS zur Buche schlug. Weiters wurden "weiche" Kredite 1984-87 an Angola (insgesamt 64,5 Mio) sowie (wie erwähnt) 1984/85, 1987 und 1989 an Moçambique (86, 50 und 42 Mio öS) vergeben; Maßnahmen der Nahrungsmittelhilfe für die von Destabilisierung und Bürgerkrieg hauptbetroffenen Länder Angola und Moçambique (jährlich bis 1990) bildeten einen dritten Schwerpunkt. Auch wenn die nach dem Amtsantritt der Großen Koalition Ende 1986 schrittweise umgestaltete Entwicklungshilfepolitik gegenüber der Kreisky'schen Vision eines "Marshallplans" eine ideologische Wende vollzog, blieb die große Bedeutung des SADCC-Engagements - zumindest insofern, als es sich um multilateral koordinierte, stark technisch ausgerichtete und für die beteiligten Unternehmen kommerziell interessante Projekte handelte - weitgehend erhalten. Maßnahmen zur systematischen Stärkung der SADCC auch in anderen Bereichen oder zur Vernetzung der Infrastrukturprojekte mit anderen entwicklungspolitischen Initiativen wurden freilich kaum gesetzt[24] (außenpolitisch, wie zu erwähnen sein wird, eher im Gegenteil), und die von der SADCC vertretene Perspektive einer durch regionale Integration ermöglichten Abkoppelung von Südafrika verlor österreichischerseits ebensosehr an Akzeptanz wie andere Grundpositionen des Nord/Süd-Dialogs auch. Anstatt von Veränderungen des bestehenden Weltwirtschaftssystems wurden nunmehr marktwirtschaftliche Reformen in den Entwicklungsländern (und in diesem Kontext die Stärkung des Privatsektors) als entwicklungspolitische Priorität betrachtet.[25] Neuakzentuierungen dieser Art wurden als erstes bei den am leichtesten gestaltbaren Sektoren der österreichischen Entwicklungshilfe vorgenommen, d.h. bei den Personaleinsätzen der heimischen Trägerorganisationen. In diesem Bereich sanken 1987/88 aus verschiedenen Gründen (Auslaufen von Projekten, Aussteigen des IIZ aus Zimbabwe) die Aufwendungen für Projekte in den Bereichen ländliche Entwicklung, Bildung und Gesundheit in Zambia und Zimbabwe erheblich; ab 1989 stiegen Anzahl und Größenordnung der Einsätze wieder an - allerdings mit in Richtung Gewerbeförderung und Berufsausbildung verschobenen inhaltlichen Schwerpunkten, und nur mehr für Zimbabwe. In Zambia liefen die meisten Projekte nun endgültig aus, in Tanzania und Moçambique wurden die (zumeist auf ländliche Industrialisierung bezogen) Aktivitäten fortgesetzt, und neu hinzu kamen ab 1987 Angola (die Unterstützung eines von der VOEST-Alpine Industrial Services aufgebauten Trainingszentrums des Stahlkonzerns SINA, was den Forderungen nach Praxis- und Wirtschaftsorientierung entsprach) bzw. ab 1988 Malawi, welches zunächst vor allem (und in steigendem Ausmaß) Nahrungsmittelhilfe erhielt; schon längere Zeit vorher war die Einbeziehung der südafrikafreundlichen Banda-Diktatur in die österreichische Entwicklungshilfe politisch umstritten gewesen.[26] Die sektoralen wie geographischen Veränderungen spiegelten somit auch neue ideologische Akzente wider. Auch zu der vielfach - nicht nur von Solidaritätsorganisationen in Österreich[27], sondern auch vom Handelsdelegierten in Harare[28] - angeregten systematischen Umschichtung wirtschaftlicher Kontakte von Südafrika in den SADCC-Bereich kam es nicht. Durch die Verhängung der Südafrika-Sanktionen war zwar, relativ gesehen, das österreichische Außenhandelsvolumen mit Südafrika/Namibia gegenüber jenem mit den übrigen Ländern der Region kurzfristig zurückgegangen; aber nicht nur die anhaltende ökonomische Abhängigkeit der Region von und ihre militärische Destabilisierung durch Südafrika, sondern auch die dramatische Verschlechterung der Weltmarktposition der Entwicklungsländer insgesamt standen einer Intensivierung der Wirtschaftsbeziehungen SADCC-Österreich entgegen. Einerseits verbilligte der starke Preisverfall gerade bei Rohstoffen den heimischen Import, weshalb selbst gleichbleibende Einfuhrmengen zu einem wertmäßigen Sinken des Handelsverkehrs führten. Andererseits waren die Chancen beim Export infolge von Devisenproblemen und der sinkenden Nachfrage wegen der in allen Ländern früher oder später einsetzenden IMF/IBRD-orientierten Strukturanpassungsprogramme beschränkt. Einen gewissen Ausweg daraus boten die seit 1985 abgeschlossenen drei Bartergeschäfte zwischen zimbabweschen Tabakproduzenten und österreichischen Industriewarenerzeugern, doch stieß das Verfahren in Österreich nicht nur auf Begeisterung; 1990 kehrte man, wie erwähnt, zum Instrument der Exportkredite zurück. Zweifelsohne brachten auch die Schwerpunktsetzungen der Entwicklungshilfe in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre exportfördernde Wirkungen für die heimische Wirtschaft mit sich, und ab dem Ende des Jahrzehnts schlugen auch Aufträge für den mit der Weltbank kofinanzierten Ausbau eines Wasserkraftwerks in Malawi (Tedzani III) zu Buche. Da der Import aus SADCC-Ländern relativ stagnierte, konnten seit 1986 im wesentlichen Handelsbilanzüberschüsse erzielt werden. Trotz der vielbeachteten Teilnahme von Vizekanzler und Außenminister Alois Mock 1989 an der SADCC-Geberkonferenz in Luanda wurden die Beziehungen zur SADCC mit der Zeit auch außenpolitisch ausgedünnt. Ende 1988 wurde - offiziell "aus Sparsamkeitsgründen" - die österreichische Botschaft in Lusaka/Zambia geschlossen, zwei Jahre darauf auch die Stelle des Entwicklungsattachés in Harare eingespart. Beides verringerte die diplomatische Präsenz Österreichs im SADCC-Raum erheblich. Auch Pläne zur Errichtung einer österreichischen Botschaft in Windhoek, die im Zuge der Dekolonisation Namibias 1989/90 ventiliert wurden, kamen nicht zustande.[29] Insgesamt spielte Afrika angesichts der Veränderungen in Osteuropa und der Annäherung Österreichs an die Europäische Gemeinschaft bei der Gestaltung der heimischen Außenbeziehungen eine immer geringere Rolle. Neue Beziehungen zu einem neuen Südafrika? Nach Jahren der Repression, Destabilisierung und Krise bahnte sich Ende der achtziger Jahre im Südlichen Afrika endlich der Umschwung an. Unter dem Druck eines eskalierenden internen Widerstands, der internationalen Wirtschaftssanktionen und militärischer Mißerfolge im Süden Angolas sah sich das Apartheidregime Ende 1988 gezwungen, der Entkolonisierung Namibias unter Kontrolle der Vereinten Nationen ab 1. April 1989 zuzustimmen. Im August dieses Jahres wurde der südafrikanische Staatspräsident P.W. Botha von der seit einundvierzig Jahren diktatorisch regierenden National Party gestürzt; sein Nachfolger F. W. De Klerk erklärte sich zu Verhandlungen mit dem African National Congress bereit. Am 2. Februar 1990 wurde der ANC legalisiert, neun Tage darauf Nelson Mandela aus dem Gefängnis entlassen. Wenig später begannen die Verhandlungen, die schließlich im Mai 1994 zur friedlichen Übergabe der Regierungsgewalt an frei gewählte Vertreter/innen des gesamten Volkes und zur Angelobung Mandelas als des ersten demokratisch gewählten Staatspräsidenten Südafrikas führten. Angesichts dieses mühsamen und mehrmals vom Scheitern bedrohten politischen Transformationsprozesses stellte sich nun für die internationale Gemeinschaft und auch für Österreich wiederum die Frage nach ihren Reaktionen gegenüber der Entwicklung im Südlichen Afrika. Oberflächlich betrachtet, ging es dabei um die Wiedereingliederung des ehemaligen Apartheid-Staates in Weltwirtschaft und -politik (Aufhebung der Sanktionen, Rückkehr in multilaterale politische Institutionen etc.) und in diesem Zusammenhang auch um die Bestimmung seines Verhältnisses zum regionalen Integrationsprozeß (SADCC, COMESA). Dahinter jedoch stand die Frage nach den Spielräumen, welche im Rahmen des internationalen Systems der nunmehr völkerrechtlich legitimen und demokratisch legitimierten südafrikanischen Regierung wie auch den übrigen Staaten der Region bei der Bewältigung der Folgen von Apartheid und Destabilisierung zugestanden werden sollten, d.h. die Frage nach der international akzeptierten Reichweite einer gesellschaftspolitischen Transformation im Südlichen Afrika. Auf wirtschaftlicher Ebene überwogen dabei kurzfristige Kommerzinteressen. Außenhandel, Investoren und Banken forderten ein möglichst frühzeitiges Ende der Sanktionen, um sich für den erwarteten Wirtschaftsaufschwung Südafrikas vorteilhaft positionieren zu können; Revanchemaßnahmen einer neuen Regierung wurden - anders als seinerzeit im Fall Zimbabwes - angesichts der veränderten weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht für wahrscheinlich gehalten. In Österreich hatte die Kritik "der Wirtschaft" an den Sanktionen, das sich verändernde politische Klima nach dem Amtsantritt der SPÖ/ÖVP-Koalition sowie die verstärkten Bemühungen pro-südafrikanischer Lobbies zur Beeinflussung der Medien, der zuständigen Ministerien sowie der Bundeswirtschaftskammer (deren Spitzenfunktionäre in manchen Bundesländern zugleich als südafrikanische Honorarkonsuln agierten) sogar früher als in anderen Ländern zu einer Wiederannäherung an das Apartheidregime geführt; gegen heftige Proteste und unter Verletzung gesetzlicher Bestimmungen hatte etwa Vizekanzler und Außenminister Alois Mock 1988 den Auftritt des in die zunehmenden Aktivitäten der Todesschwadronen involvierten Inkatha-Führers Gatsha Buthelezi organisiert. Was die von der Bundesregierung 1985 und 1986 beschlossenen Sanktionen betrifft, so waren sie von Beginn an nur lückenhaft bzw. gar nicht durchgeführt worden; etwa hätte die "Vorbereitung" eines Investitionsverbots in Südafrika ein Sanktionengesetz erfordert, welches trotz verschiedener parlamentarischer Bemühungen nicht (bzw. erst 1993, dann aber zur Durchführung des Embargos gegen Jugoslawien) verabschiedet wurde. Mit der ab 1. Februar 1989 in Kraft gesetzten Liberalisierung des Kapitalverkehrs mit dem Ausland wurde überhaupt auf Maßnahmen verzichtet, "den Beschluß der Bundesregierung vom 6. Oktober 1986 hinsichtlich eines Investitionsverbots in Südafrika zu verwirklichen."[30] Ab 1988 begann auch der österreichische Handel mit Südafrika sowohl import- als auch exportseitig wieder zu wachsen; 1989 wurde infolge von extrem gestiegenen Eisenerz- und Schrotteinfuhren der bisherig einmalige Höchstwert von 2,25 Mrd öS bei den Importen erzielt. Demgegenüber fielen die Zuwächse bei den Exporten wesentlich geringer aus, was in erster Linie mit den Importbeschränkungen des schwer verschuldeten Südafrika zusammenhing; und ohne politisch garantierte Exportfinanzierungen war an eine Belebung des Geschäfts überhaupt nicht zu denken. Dafür wiederum war die Aufhebung des Ministerratsbeschlusses von 1985 erforderlich, welche der damalige Finanzminister Ferdinand Lacina (aus Sorge um das damit auf den Staat zukommende Haftungsrisiko) jahrelang verhinderte. Schließlich wurden 1991 die meisten Sanktionen "auf ein Jahr ausgesetzt", und dieser Suspensionsbeschluß wurde bis zur endgültigen Aufhebung der Maßnahmen am 16. November 1993 regelmäßig verlängert. Die Auswirkungen auf den Außenhandel blieben zwar vorerst gering, doch nahmen CA und Bank Austria ihre Beteiligung an multilateralen Südafrika-Krediten (heute ein Hauptbestandteil der die demokratische Regierung belastenden Verschuldung) wieder auf.[31] Daß die internationale Front gegen die Apartheid schon zu Anfang der neunziger Jahre - als die Abschaffung der südafrikanischen Rassendiskriminierung auf dem Verhandlungsweg ja noch keineswegs feststand - abzubröckeln begann, geht freilich auch auf prinzipielle gesellschaftspolitische Einflußfaktoren zurück. Die Regierungen der meisten Industrieländer waren zwar an einer Demokratisierung der politischen Verhältnisse interessiert, nicht jedoch an grundlegenden gesellschaftlichen Veränderungen; sie traten daher für eine Stärkung der Verhandlungsposition De Klerks gegenüber dem ANC und für eine weitestmögliche Bewahrung der Privilegien der weißen Minderheit ein. Auch die Aktivitäten der heimischen (immer stärker mit der EU koordinierten) Außenpolitik zielten daher in erster Linie auf die Unterstützung des weißen Minderheitsregimes ab; im Juni 1993 wurde Staatspräsident De Klerk in geradezu triumphaler Weise im Parlament in Wien empfangen. Parallel dazu wurden Kontakte zum ANC von der Botschaft in Johannesburg korrekt, aber auf Sparflamme abgewickelt; Einladungen der Bundeswirtschaftskammer an die maßgeblichen Wirtschaftspolitiker der künftigen Regierungspartei fanden auf der Ebene der politischen Parteien keine Entsprechung. Auch entwicklungspolitische Maßnahmen zur sozialpolitischen Stabilisierung des Regimes wurden in dieser Phase verstärkt ins Auge gefaßt. Schon 1989 hatte Minister Mock seine Entscheidung öffentlich bekanntgegeben, mit der Förderung eines ersten südafrikanischen Inlandsprojekts (nämlich von Kleinkreditprogrammen der der Großindustrie nahestehenden Get Ahead Foundation) zu beginnen; 1990/91 wurde eine knappe Million Schilling dafür bereitgestellt. Ab 1990 wurden weiters von der Botschaft in Johannesburg mehrfach Projektvorschläge aus dem Umkreis der National Party oder der rechtsliberalen Opposition nach Wien weitergeleitet, von denen allerdings - angesichts des geringen Projektvolumens und politischer Kritik - die meisten abgelehnt wurden; zustande kam ein sechsjähriges Stipendienprogramm des Institute for Race Relations für technische Ausbildungskurse im Ausmaß von 6,3 Mio öS. Als gewichtiger erwiesen sich Projektvorschläge südafrikanischer kirchlicher oder internationaler Einrichtungen, die eine Unterstützung des politischen Transformationsprozesses beabsichtigten. In diesem Zusammenhang sollten Förderungen von Aktivitäten zur Repatriierung politischer Flüchtlinge (v.a. UNHCR und insgesamt fast 13 Mio öS, womit Österreich zu einem der großen Finanziers der Rückführungsaktion wurde), Ausbildung von "Paralegals" (Rechtsberatern für die unterprivilegierte Bevölkerung) durch Lawyers for Human Rights (Projektsumme zunächst 1,6 Mio öS, später verlängert), ein Stipendienprogramm der katholischen Kirche in Kapstadt (3,1 Mio öS, beide zuletzt genannten Projekte von KFS-Kofinanzierungsstelle durchgeführt) sowie das Wählervorbereitungsprogramm des von Mandela ins Leben gerufenen Matla Trust (etwa 6 Mio öS, Österreichisches Nord/Süd-Institut) Erwähnung finden. Angesichts der beschriebenen politischen Haltung Österreichs durfte es freilich nicht verwundern, daß diese Projekte zur Unterstützung der politischen Transformation Südafrikas nicht in ein Programm zur Bewältigung der Folgen von Kolonialismus und Apartheid - also zur Unterstützung der notwendigen sozialen Transformation - mündeten; 1994 wurde zwar ein dreijähriges "Sonderprogramm" für Südafrika angekündigt[32], dieses jedoch weder einigermaßen dotiert (nur ca. 15 Mio öS pro Jahr) noch mit den gesellschaftspolitischen Schwerpunkten der Regierung Mandela in Einklang gebracht; während weltweit die Unterstützung des südafrikanischen Reconstruction and Development Programme auf der Tagesordnung stand, wurde österreichischerseits "Demokratieförderung" als Leitbegriff festgelegt. Wohl nicht zufällig werden die beiden derzeit wohl populärsten österreichischen Vorhaben in Südafrika - das Schulprojekt der Stadt Wien in Orange Farm/Johannesburg und die Partnerschaft zwischen Kärnten und der südafrikanischen Provinz Mpumalanga - außerhalb der Entwicklungspolitik des Außenministeriums durchgeführt. In wirtschaftlicher Hinsicht hat der heimische Außenhandel - und vor allem der Export Österreichs - quantitativ von der politischen Transformation Südafrikas stark profitiert. Während die Einfuhren zwischen 1,6 Mrd öS im Jahr 1990 und 2,1 Mrd öS 1995 fluktuierten, erhöhten sich die Ausfuhren im selben Zeitraum von 1,2 Mrd öS auf 1,7 Mrd öS (also um fast 44%) und stiegen seither noch weiter an; 1994 konnte erstmals seit zehn Jahren das traditionelle Handelsbilanzdefizit mit dem rohstoffabhängigen Südafrika wieder ausgeglichen werden. Leitsektoren sind nach wie vor importseitig Rohstoffe und Früchte, exportseitig Produkte der Stahl- und Maschinenbauindustrie, wobei vor allem die Lieferungen der VOEST-Alpine Industrieanlagenbau (nunmehr Tochterfirma der börsennotierten VA Technologie AG) zu Buche schlagen. Einem Auftrag des südafrikanischen Edelstahlherstellers Columbus an die VAI im Jänner 1993 folgten im Mai 1994 ein Übereinkommen über die Modernisierung einer Stranggußanlage mit ISCOR, im Oktober desselben Jahres die Bestellung zweier Hochöfen für das Werk Vanderbijlpark bei Pretoria und im Dezember 1995 schließlich der Auftrag, für Saldanha Steel in der westlichen Kapprovinz eine zweite südafrikanische COREX-Anlage zu errichten; hinzu kam im April 1996 noch der Zuschlag für eine Reduktionsanlage für Eisenschwamm an ein österreichisch/bundesdeutsch/US-amerikanisches Konsortium ebenfalls von Saldanha Steel - insgesamt Bestellungen im Wert von 4,1 Mrd öS. Während der Zeit der Sanktionen eher gehandikapt, scheint die VAI ihre traditionell starke Rolle auf dem südafrikanischen Markt somit wiedergewonnen, wenn nicht sogar ausgebaut zu haben. Hinzu kamen teilweise spektakuläre Investitionsentscheidungen in beiderlei Richtungen (österreichischerseits etwa in die südafrikanische Computerindustrie, südafrikanischerseits in die österreichische - stark in Osteuropa verankerte - Papierindustrie), 1995 der Abschluß eines neuen Luftverkehrsabkommens sowie 1996 eines (schon Ende der achtziger Jahre vorgeschlagenen) Doppelbesteuerungsabkommens zwischen beiden Ländern. Allerdings ist in diesem Zusammenhang zu beobachten, daß die nunmehr verstärkte wirtschaftliche Kooperation im wesentlichen bereits vorgegebenen Entwicklungskonzepten folgt. So war die VOEST schon seit den frühen siebziger Jahren in der Modernisierung der südafrikanischen Stahlindustrie aktiv, und gerade das Projekt in Saldanha schließt direkt an die seinerzeit von Bundeskanzler Kreisky vehement bekämpften industriestrategischen Pläne des damaligen Südafrika an. Politisch heute zwar legitim, stellt sich dennoch die gesellschaftspolitische Frage nach den Querverbindungen dieser Konzepte zu den wirtschafts- und sozialpolitischen Prioritäten der heutigen Regierung. Mit anderen Worten: Eine Diskussion, inwieweit die verstärkten Wirtschaftsbeziehungen Österreichs zu Südafrika in der Tat der Bewältigung des katastrophalen Erbes der Apartheid dienen, wurde bislang noch nicht geführt.[33] Regionale Hegemonie oder gemeinsame Entwicklung? Der erfolgreiche Abschluß der Verhandlungen in Südafrika und der Sieg des African National Congress bei den Wahlen boten auch eine realistische Basis für die Veränderung der regionalen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Beziehungen. Hier hatten schon der südafrikanische Truppenrückzug aus Namibia und die Durchsetzung der Unabhängigkeit des Landes 1990 ein Signal in Richtung auf ein Ende der Destabilisierung und die Möglichkeit einer friedlichen regionalen Entwicklung gegeben. In Erwartung eines südafrikanischen Beitritts - der dann 1994 trotz mancher innen- und wirtschaftspolitischer Widerstände erfolgte - hatte sich die SADCC 1992 zur Southern African Development Community (SADC) umgebildet und dadurch neue institutionelle Rahmenbedingungen geschaffen. Wiederum blieben die österreichischen Reaktionen auf diese Entwicklungen ambivalent. Bemühungen, die Entkolonisierung Namibias zum Kristallisationspunkt eines verstärkten österreichischen SADCC-Engagements werden zu lassen, wurde kein Erfolg zuteil. Weder kam es (wie erwähnt) zur Errichtung einer Botschaft in Windhoek, noch fand eine prioritäre Berücksichtigung des damals jüngsten Staates Afrikas im Bereich der Entwicklungshilfe statt. Das ursprüngliche Vorhaben, Namibia zum Schwerpunktland Österreichs im Südlichen Afrika zu erklären[34], scheiterte teils an Interventionen von (mit der ehemaligen Kolonialverwaltung Südafrikas in Namibia verbundenen) Kreisen der ÖVP, teils an der im Rahmen multilateraler Absprachen erfolgten politischen Entscheidung, Moçambique zum offiziellen Schwerpunktland Österreichs im Südlichen Afrika zu erklären[35]; das 1990 beginnende EZA-Engagement (Budgethilfe für den namibischen Wohnungsbau sowie Vorhaben in den Bereichen Resozialisierung und Gewerbeentwicklung) kam daher in geringeren Dimensionen zustande als ursprünglich erwartet. Gemäß der 1993 fixierten Schwerpunktpolitik gilt das Südliche Afrika jedoch als "Schlüsselregion", und das Volumen der bilateralen Programm- und Projekthilfe nahm mit Anteilen zwischen 22,5% (1996) und 38,7% (1995) an den gesamten Aufwendungen für Afrika eine fluktuierende, aber nicht unerhebliche Größenordnung ein.[36] Ziemlich regelmäßig an erster Stelle der Empfängerländer stand Tanzania, wo sich die Zusammenarbeit im Eisenbahnbereich als eines der wenigen stabilen (freilich sehr auf Hardware ausgerichteten und kaum gesellschaftspolitisch eingebundenen) Programmelemente der österreichischen Entwicklungshilfe im Südlichen Afrika erweist; nur 1992 nahm Malawi (das an sich aus dem heimischen EZA-Budget kaum mehr bedacht wird) aufgrund der erwähnten Kofinanzierungsvereinbarung mit der Weltbank betreffend das Shire-Kraftwerk Tedzani den ersten Rang ein (Projekthilfe plus Exportkredit von insgesamt 220 Mio öS). In Summe der Jahre 1993-1996 gingen jedoch 60% der bilateralen Programm- und Projekthilfe an Tanzania und weitere 24% an Moçambique. Hinsichtlich dieses österreichischen Schwerpunktlandes wurde weiters mittels der Ankündigung des früheren Bundeskanzlers Franz Vranitzky vor dem Sozialgipfel in Kopenhagen 1995, Moçambique (und einigen anderen least developed countries) einen Teil der gegenüber Österreich aufgelaufenen Schulden zu erlassen, ein neuer Akzent gesetzt; diese Maßnahme wurde im Juli 1997 durch das österreichische Parlament beschlossen und soll für Moçambique mit 174 Mio öS (und für Zimbabwe mit 8 Mio öS) zu Buche schlagen. Ebenso im Rahmen der neuen Schwerpunktpolitik wurde das Auslaufen der letzten verbliebenen Projekte in Zambia (dörfliche Entwicklung) bzw. Angola (technisches Ausbildungszentrum) beschlossen, Leistungen für die UN-Mission in Angola (1995 im Ausmaß von knapp 20 Mio) jedoch ins EZA-Budget aufgenommen. Außenpolitisch scheint - nach einer Phase überzogener Eurozentriertheit - das Interesse an der Region Südlichen Afrika (und an Afrika überhaupt) wieder im Steigen. 1993 hatte eine Parlamentarierreise in verschiedene afrikanische Länder mit der vehementen Kritik geendet, Afrika sei in der außenpolitischen Konzeption Österreichs "unterbelichtet"; mehrmals wurde zudem die Befürchtung geäußert, das allzu geringe österreichische Engagement in Afrika (mit seinen über fünfzig Stimmen in der UN-Generalversammlung) könnte den UNO-Standort Wien gefährden. Unter Federführung des Außenministeriums (und insbesondere der damaligen Leiterin des Afrika-Referats, Brigitte Öppinger-Walchshofer) wurde daraufhin das Konzept "Afrika 2000" entwickelt[37], das eine systematische Entwicklung der Beziehungen zu siebzehn sog. Fokus-Staaten vorsieht; unter ihnen befinden sich mit Tanzania, Zimbabwe, Moçambique, Zambia, Botswana, Namibia und Südafrika sieben Staaten im Südlichen Afrika. Bisher hat sich ihnen gegenüber vor allem das institutionelle Netz der diplomatischen Beziehungen verdichtet: Während österreichischerseits mehrere neue Honorarkonsulate in SADC-Hauptstädten eröffnet wurden, konnten - mit infrastruktureller und finanzieller Unterstützung des Außenministeriums und der Gemeinde Wien - Zimbabwe, Namibia und Angola diplomatische Repräsentanzen in Wien errichten; mit der Gründung einer Task Force der nunmehr vier in Wien residenten Vertretungen aus dem Südlichen Afrika haben sich 1998 die Möglichkeiten, Anliegen der SADC bzw. ihren Mitgliedern koordiniert vor Ort zu vertreten, erheblich verbessert. An der relativen Schwäche des SADC-Handels änderte sich freilich wenig. Die österreichischen Wirtschaftsbeziehungen sind weiterhin (und sogar in steigendem Ausmaß) auf Südafrika hin ausgerichtet, und auch die Unabhängigkeit Namibias 1990 brachte diesbezüglich kaum Veränderungen mit sich; die (wenngleich jetzt völkerrechtlich unproblematischen) Kupferimporte sanken auf ein Niveau weit unter den Werten Mitte der achtziger Jahre, und auch die Exporte zeigten eher sinkende Tendenz. Ins Gewicht fielen bei den Einfuhren Österreichs aus dem SADC-Raum vereinzelte Erdölimporte aus Angola (Höchstwert 184 Mio öS im Jahr 1993) im Anschluß an die Akkreditivvereinbarung eines europäischen Bankenkonsortiums (mit Beteiligung der Girozentrale) 1989. Bei den Ausfuhren spielten Lieferungen nach Zimbabwe im Nachhang des Warenimportkredits (Höchstwert 225 Mio öS im Jahr 1991), für den Kraftwerksbau in Malawi (Höchstwert 170 Mio öS im Jahr 1994) sowie für die Instandsetzung der Eisenbahnen in Tanzania (Höchstwert 85 Mio öS im Jahr 1992) eine Rolle. Der weitaus überwiegende Teil des Außenhandels mit dem Südlichen Afrika wird jedoch nach wie vor mit Südafrika abgewickelt; 1995 wurde mit 86,8% der bisher größte Anteil am gesamten Handelsvolumen Österreichs mit dem Südlichen Afrika erreicht. Auch größere heimische Investitionsvorhaben im SADC-Raum - etwa seitens der VOEST bei ZISCO[38] - kamen nicht zustande. Insgesamt hat die deutliche Verstärkung der Beziehungen zu Südafrika dessen hegemoniale Rolle im Südlichen Afrika nicht nur nicht durchbrochen, sondern in mancher Hinsicht sogar verstärkt; potentielle wirtschaftliche Chancen wie die langsam fortschreitende regionale Integration oder der zu erwartende Wiederaufbau Angolas nach Schaffung eines dauerhaften Friedens wurden österreichischerseits bisher nur ungenügend zur Kenntnis genommen. Auch weiterhin werden die entscheidenden Impulse für Veränderung und nachhaltige Entwicklung daher vom Südlichen Afrika selbst ausgehen müssen; Österreich wird darauf reagieren, unter Schwierigkeiten und oft nicht konsistent. *) Der Autor ist Dozent am Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universität Wien und Vorsitzender des Southern African Documentation and Co-operation Centre (SADOCC) in Wien. [1] Walter Sauer, Österreichs Beziehungen zu Zimbabwe, in: Journal für Entwicklungspolitik 4 (1988/4) 27-54, hier: 29-33. [2] Vgl. insgesamt: Walter Sauer/Theresia Zeschin (Hg.), Die Apartheid-Connection. Österreichs Bedeutung für Südafrika (1984). [3] Die Presse, 8.5.1979. [4] Zum folgenden vgl. Sauer, Zimbabwe 33-35. [5] Angaben hier und im Folgenden jeweils nach der österreichischen Außenhandelsstatistik, Serie 2 (Angaben in Werten). [6] Über die Ambivalenzen einer Vergabe von Exportkrediten an Tanzania vgl. das Fallbeispiel bei Gerhard Heihs, Problem der Projektfinanzierung. Ein Schwarzafrika-Fallbeispiel (Diplomarbeit, Wirtschaftsuniversität Wien, 1985). [7] Ausführlich bei Sauer, Zimbabwe 41-43. [8] Zahlenangaben über die österreichische EZA bis 1991 nach: Franz Breitwieser, Österreichische Entwicklungshilfe an die Länder der SADC, in: Journal für Entwicklungspolitik. Sonderheft 1: Österreich-Afrika (1993) 133-208. [9] Vgl. Andreas Liebmann, Handbuch der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (1994)161-163 sowie 169-179. [10] Dazu ausführlich: Walter Sauer, Österreich und der Transformationsprozeß in Moçambique, in: Journal für Entwicklungspolitik 13 (1997/2) 199-207, hier: 202. [11] Wolfgang Benedek, Österreichs Außenpolitik in den Nord-Süd-Beziehungen, in: Renate Kicker/Andreas Khol/Hanspeter Neuhold (Hg.), Außenpolitik und Demokratie in Österreich. Strukturen - Strategien - Stellungnahmen (983) 328f sowie 364-370; Peter Jankowitsch, Österreich und die dritte Welt. Ein neues Kapitel Außenpolitik, in: Erich Bielka u.a. (Hg.), Die Ära Kreisky. Schwerpunkte der österreichischen Außenpolitik (1983) 270ff. [12] Wiener Zeitung, 28.11.1980. [13] Vgl. hier und im Folgenden Markus Purkhart, Österreich und die Eisenbahnlinien des Südlichen Afrika, in: Journal für Entwicklungspolitik 12 (1996/2) 179-189. [14] Dazu Walter Sauer, Anti-Apartheid-Bewegung in Österreich: Ein Rückblick, in: Heinz Holley/Klaus Zapotocky (Hg.), Hoffnung am Kap. Chancen und Gefahren des Transformationsprozesses in Südafrika (1995) 189-199. [15] Vgl. im Folgenden ausführlich die einschlägigen Beiträge in: Sauer/Zeschin, Apartheid-Connection; Walter Ehmeir, Das Südliche Afrika in österreichischen Unterrichtsmaterialien (1990). [16] Walter Sauer, Österreichische Investitionen in Südafrika, in: Informationen über Multinationale Konzerne (1985/1) 1-3. [17] Walter Sauer/Theresia Zeschin, Österreichische Beziehungen zu Namibia, in: Journal für Entwicklungspolitik 5 (1989/4) 65-96, hier: 75. [18] Die Presse, 19./20.5.1984; die Reise wurde nach heftigen Protesten schließlich abgesagt. [19] Vgl. Walter Sauer/Theresia Zeschin, Österreich/Südafrika: So wird das Waffenembargo gebrochen (1985). [20] Laut Angabe der Schoeller-Bank: Die Presse, 25.11.1983; vgl. Harald Dossi, Der Krügerrand. Recht und Politik, in: Journal für Entwicklungspolitik 1 (1985/3) 146-152. [21] Die Presse, 15./16.2.1986. [22] Walter Sauer, Ein Update zum Thema: Österreichische Investitionen in Südafrika, in: Informationen über Multinationale Konzerne (Wien 1/1990) 25-28. [23] In diesem Zusammenhang wäre der Frage nachzugehen, inwieweit die Propagandatätigkeit des Kärntner Journalisten Fritz Sitte zugunsten der Rebellenbewegung UNITA die Auszehrung der bilateralen Beziehungen zur angolanischen Regierung beeinflußt hat. [24] Vgl. Hermann Spirik, Entwicklungszusammenarbeit mit der SADCC, in: Herbert Berger (Red.), Österreich und die Frontstaaten im südlichen Afrika. Internationales Seminar des Dr. Karl Renner-Institutes vom 17. bis 20. Oktober 1988 in Wien (1990) 97-100. [25] Vgl. etwa BMaA, Außenpolitischer Bericht 1986 (1987) 191. [26] Walter Sauer/Maria Gerbel-Wimberger, Österreichische Beziehungen zu Malawi, in: Journal für Entwicklungspolitik 9 (1993/1) 71-86, hier: 78f. [27] Etwa durch Kampagnen wie "Aktionswochen Südliches Afrika" 1989/90 (Anti-Apartheid-Bewegung und Partner), "European Campaign Against South African Aggression Against Moçambique and Angola" 1988/89 (Moçambique-Komitee samt Partnern) oder "Weichenstellung SADCC" 1990 (Österreichischer Informationsdienst für Entwicklungspolitik). [28] Wiener Zeitung, 9.10.1988. [29] Die Presse, 14.11.1989. [30] Parlamentarische Anfragebeantwortung durch den Finanzminister vom 6.6.1989. [31] Profil, 17.2.1992. [32] Dreijahresprogramm der österreichischen Entwicklungshilfe 1995-1997. Fortschreibung (1994) 31. [33] Dazu ausführlich: INDABA. Das SADOCC-Magazin für das Südliche Afrika 10/96. [34] So spricht das Dreijahresprogramm der österreichische Entwicklungshilfe. Fortschreibung 1992-94 (1991) 50 von der Ausarbeitung eines "umfassenden Länderprogramms" für Namibia, und noch das Dreijahresprogramm 1993-1995 (1992) 46 nennt Namibia "seit seiner Unabhängigkeit" unter den Schwerpunktländern im SADCC-Raum. [35] Vgl. Sauer, Österreich und der Transformationsprozeß in Moçambique 203-207. [36] Statistische Angaben nach 1992 sind entnommen aus ÖFSE (Hg.), Österreichische Entwicklungspolitik. Berichte, Analysen, Informationen (div. Jahrgänge). Zu beachten ist, daß die "bilaterale Programm- und Projekthilfe" nur die von der Sektion Entwicklungszuammenarbeit (BKA oder BMaA) verwalteten Finanzmittel enthält, nicht also Exportkredite oder Nahrungsmittelhilfe. [37] Brigitte Öppinger-Walchshofer, Das Konzept "Afrika 2000". Neuorientierung der österreichischen Außenpolitik gegenüber den Staaten Afrikas südlich der Sahara, in: Journal für Entwicklungspolitik 12 (1996/2) 239-241. [38] Vgl. das Interview mit dem zimbabweschen Industrieminister Nathan Shamuyarira in: INDABA 15/97.
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